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"Anne Will"-Talkshow am SonntagHuber, Hintze und der Teufel

Feindbildsound: Bodo Ramelow von der Linken wurde in Anne Wills Talkshow (Sonntag, ARD) zum Punching-Ball. Der Held des Abends: Michal Stich.

Sag niemals nie: Will mit Huber, Ramelow und Hintze. Bild: ndr/wolfgang borrs

Das Thema war ja gut gewählt, es ließ den höchsten Wallungswert vermuten: "Sag niemals nie: Die Linke wird salonfähig". Und so wallte es auch, leider, allen schwarzgrünen Spintisierereien zum Trotz, vor allem dank eines Schwarzen. Geladen waren unter anderem Jürgen Trittin (Grüner Ex-Minister), Peter Hintze (CDU, Erfinder der Rote-Socken-Kampagne dereinst), der CSU-Parteivorsitzende Erwin Huber sowie Michael Stich, Wimbledonsieger von 1991. Außerdem Bodo Ramelow, Wahlkampfmanager und Franktionsvize der Linken sowie demnächst Spitzenkandidat seiner Partei in Thüringen. Auf der "Betroffenenbank" saß Klaus Wesemann, SPD-Funktionär aus Frankfurt am Main.

Anne Will moderierte. Hier und da ein kleines dirigierendes Statement; aber schließlich versagte sie darin, dem Talk die nötigen Respektgrenzen einzuziehen. Man hätte gern erfahren, was ein Linker wie der Thüringer Importwessi Ramelow, der nun wirklich wie das Gegenteil eines stalinistischen Bürgerschrecks aussieht, so zu sagen hat. Wie er sich eine Politik nach seinem Geschmack vorstellt, und mit wem.

Allein: Huber wie Hintze (eingeladen als vorgestriges Modell, Sofafutter quasi) droschen auf Ramelow ein, als sei er ein leibhaftiger Teufel. Selbst einen Trittin ließen Huber und Hintze ausreden - offenbar verkörpert die Linke das, was die Grünen einst waren, Abtrünnige, Gottlose, Parias. Das durften Huber (vor allem der - man hätte gern eine Kamerafahrt auf seine Lippen gehabt: sah man da nicht sowas wie wutgetränkten Schaum?) und Hintze natürlich tun, das steht ihnen frei.

Aber: Warum hat Will den Rasenden nicht zur Ordnung gerufen, weshalb ihm nicht das Wort entzogen? Sie schien sich zu wünschen, am liebsten ihre eigene Sendung zu verlassen. Sie kriegt ihre Gage für ein Gesprächsdirigat, das einen wie Ramelow nicht zum Punching-Ball macht.

Der Held des Abends war Michael Stich. Bekannte sich als Konservativen, als Ole-von-Beust-Wähler und verlangte zu hören, was die Linke will, auf dass man sich mit ihnen auseinandersetzen kann. Die Rolle hätte Anne Will hauptsächlich übernehmen müssen. Stich aber gab eine Ahnung davon, wie es sein kann, wenn aufgeklärte CDU-Wähler innerlich frei genug sind, auf Feindbildsounds zu verzichten und mindestens höflich zu bleiben.

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4 Kommentare

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  • K
    K.Valentin

    Für solche Idioten geht das Volk zur Urne. Für einen Arschkriecher wie Hintze, der Kohl 'den Darm

    gereinigt hat'. Für einen Schicki-Micki- Politiker

    wie Huber. Trittin naja, konnte man noch verkraften. Anständig aber verhielten sich Stich

    und der 'Prügelknabe Ramelow'. Wieder ein Grund

    mehr die Linken zu wählen. Seit Kohl wird hier nur

    noch der Schwachsinn verteidigt. Man begreift nicht, was an diesem System so verteitigendswert

    ist. Etwa die Staatsverschuldung in Verbindung mit

    Rentenklau, die Auslandskriege, die Armutsvergrößerung, die asozialen Sozialgerichte,

    'die Ehrlichkeit der Politiker'!?. Natürlich werden die Linken all diese Probleme nicht lösen

    können- aber die anderen können es ja auch nicht.

    Warum also dieser Wind?

  • C
    Chris

    Wo kommen wir hin bzw. wo SIND wir, wenn man erwachsenen Menschen, noch dazu Politikern, erst einmal "Respektgrenzen" aufzeigen muß?! Es kann nicht sein, daß sich Gäste einer Talkshow so verhalten und man kann auch nicht erwarten, daß ein Talkmaster den Erzieher geben muß. Insgesamt sollten sich die Gäste wieder auf ihre Vorbildfunktion für den Wähler besinnen - kann man diese Meute, wie sie am Sonntag abend da saß, überhaupt wählen? Sie sollten sich Gedanken darüber machen, warum es keiner mehr tut, wenn sie sich derart neben der Spur bewegen!

  • LB
    la Banshee

    Eine katastrophale Sendung!

    Anne Will agiert zunehmend hilfloser als Moderatorin, sie hätte doch wissen müssen, dass sie diesen Hau-drauf Polemikern wie Huber und Hintze keinen so großen Raum hätte geben dürfen wie am Sonntag Abend geschehen.

    Thema komplett verfehlt, Ramelow ging in dem Kindergarten-Geschrei völlig unter, begleitet von den geradezu makabren Gesichtsentgleisungen des Jürgen Trittin.

    Dieser ordnete den Finanzsenator Sarrazin in Berlin unkorrigiert der Linken zu, obwohl er der SPD angehört und anstelle die mit Händen zu greifende Armut in Berlin konstruktiv mit sinnvollen Maßnahmen zu bekämpfen, mithilfe von Körting und Wowereit die unsäglichen Hetzkampagnen gegen die H4 Empfänger voranbringt.

     

    Inzwischen ist die Illner wesentlich präsenter und mehr in der Lage, die alphaTierchen zu bändigen.

    Auch holt sie Gäste aus anderen Bereichen, die angenehm überraschen - wie Sven Giegold von attac am letzten Donnerstag - der, völlig unbeeindruckt von Steinbrück, der Bundesregierung die Leviten las.

     

    Fazit:

    Anne Will sorgt nicht einmal mehr für gute Information mit fruchtbarer Diskussion.

    Ebensowenig Plasberg inzwischen, der räumt offensichtlich der CDU so viel Raum ein, dass es schon peinlich ist, mit dem Ergebnis, dass Roland Koch in der Sendung vor der Hessenwahl sich geradezu herzlich und freundschaftlich bei Plasberg am Schluss der Sendung bedankte.

     

    Dafür sollte es Gebührenrückzahlung geben.

    L. Banshee

  • D
    Dowanda

    Ich weiss nicht, Herr Feddersen, welche Sendung Sie gesehen haben? Ich offenbar eine andere. In der gestrigen Ausgabe von Anne Will - so drunter und drüber es auch ging - hatte Ramelow sehr wohl Gelegenheit seine Positionen klar zu machen. Seine Haltung in punkto Studiengebühren, Ganztagsschule, Atomkraft etc. kam deutlich zum Ausdruck. Das sogar nicht mal die Grünen mit ihm flirten wollten, können Sie nicht der Moderatorin zum Vorwurf machen. Es ging wohl allen Fraktionen darum, sich vor den möglichen Koalitionsverhandlungen maximalst teuer zu verkaufen. Der Sache diente es nicht, der Diskussion auch nicht. Aber eine Moderation ist weitgehend machtlos, wenn sich 2/3 der Gäste wie im Sandkasten benehmen. Ich überlege mir heute noch, wie man mit diesem Haufen am besten hätte verfahren sollen. Das Mikro ausschalten *g* Aber dann hätten sich wieder die Sympathisanten des Jeweiligen in ihrer Funktion des GEZ-Zahlungspflichtigen zurecht diskriminiert gefühlt.