Anne Fromm undChristian RathMitarbeiter der Woche: David Schraven
Wer einmal mit David Schraven gesprochen hat, der kann sich kaum vorstellen, wie sehr sich der in ein Thema festbeißen kann – das soll in keinster Weise bösartig sein. Schraven ist einer der prominentesten Investigativjournalisten Deutschlands. Und weil ihm die investigative Recherche so ein Anliegen ist, hat er sie 2014 zu einem Geschäftsmodell gemacht.
Finanziert von der Essener Brost-Stiftung gründete er Correctiv, das erste gemeinnützige Recherchebüro in Deutschland. Er hatte vorher bei der taz, der Süddeutschen und der Funke-Mediengruppe gearbeitet, bei Correctiv baute er nun seine eigene Redaktion auf. Missständen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wollten Schraven und sein Team aufdecken und haben Wort gehalten. Der letzte große Skandal, den Correctiv in Zusammenarbeit mit ZeitOnline und anderen europäischen Medien aufdeckte, ist der gigantische Steuerbetrug durch Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte.
Aber Correctiv gilt nicht nur als Hort der Recherche, sondern auch als Kämpfer für die Pressefreiheit. Das Büro zog schon mehrmals durch die Instanzen, um die Rechte der Presse zu stärken. Am Freitag hat Correctiv vor dem Bundesverfassungsgericht einen großen Sieg errungen. Die Richter in Karlsruhe entschieden, dass ein Medium beziehungsweise deren Journalisten zunächst angehört werden müssen, bevor einer ihrer Texte per einstweiliger Verfügung verboten wird. Bislang war das nämlich nicht so. Die Verbote von Artikeln und die Anordnung von Gegendarstellungen konnten fast überfallartig ergehen.
Konkret ging es um eine Recherche von Correctiv und eine des Spiegels. Correctiv hatte 2017 unter dem Titel „Die Ferrostaal-Tonbänder“ über Aufsichtsratssitzungen des Unternehmens Ferrostaal berichtet. Dort versuchte der Eigentümer, ein Staatsfonds aus Abu Dhabi, eine frühere Korruptionsaffäre des Unternehmens aufzuarbeiten. Im anderen Fall musste der Spiegel auf Geheiß des Oberlandesgerichts Hamburg eine Gegendarstellung abdrucken. Das Magazin hatte die Frage aufgeworfen, ob ein Fernsehmoderator mit seiner Jacht auf Malta ein Steuersparmodell betreibt.
In beiden Fällen waren die Journalisten vor Erlass der gerichtlichen Beschlüsse nicht angehört worden. Derartiges ist durchaus üblich, weil Presseveröffentlichungen, die angeblich Persönlichkeitsrechte verletzen, als besonders eilbedürftig gelten. Damit macht das Bundesverfassungsgericht nun aber Schluss. Auch in eilbedürftigen Pressesachen müsse „Waffengleichheit“ bestehen.
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