Anna Klöpper Der Wochenendkrimi : Gar nichts unter Kontrolle
Nicht nur Til Schweigers Terror-„Tatort“ wurde im November, nach den Anschlägen in Paris, verschoben – er krakeelte danach nur am lautesten. Und wenn es ihm nicht so sehr um sich selbst gegangen wäre, hätte man auch beinahe Lust gehabt, die Frage zu diskutieren, ob man sich da etwa vom Terror „diktieren“ (Schweiger) lässt, was man wann zeigt.
Auch „Das Botschaftsattentat“, Auftaktfilm zu einer neuen ARD-Reihe mit Natalia Wörner als Diplomatin Karla Lorenz, wurde also erst mal wieder eingemottet, ebenfalls aus Rücksicht auf die Opfer. Und tatsächlich kommen sich Fiktion und Realität hier schmerzhaft nahe: Da ist also die deutsche Botschafterin in Tunis, von Wörner maximal kühl gespielt. Dass ihr etwas entgleiten könnte, ist nicht vorgesehen. Der kleine Schweißfleck, der da im Nacken auf ihrer Seidenbluse langsam größer wird, ist deshalb kein gutes Zeichen.
„Ihr sollt die Islamisten stürmen lassen, nicht sie hereinlassen“, sagt Lorenz’ Kollege Eick (Thomas Sarbacher) in Berlin, wo eine Handvoll Hochwürden von BND, Bundeswehr und aus dem Kanzleramt per Videoschaltung eine Terrorübung in der Botschaft verfolgt. Möglichst echt soll das Schauspiel sein – dass es real wird, war nicht vorgesehen. Islamistische Gefangene wollen die vermeintlichen Schauspieler freipressen, Botschaftsmitarbeiterin Esra (Halima Ilter) öffnet den Terroristen das alarmgesicherte Tor. Geiseln werden genommen, im Namen Allahs werden Köpfe von Körpern getrennt.
Die Diskurslinien, die daraus folgen, sind bekannt: „Arbeit, Brot, Bildung – dafür müssen Sie sorgen, wenn Sie nicht wollen, dass unsere Jugend zu den Islamisten geht“, sagt die tunesische Politikerin zu Eick. „Wir haben Fehler gemacht – aber ist das eure Antwort?“, fragt Lorenz Esra. Langweilig? Nein. Weil wir auch in der Wirklichkeit noch um Antworten ringen.
„Die Diplomatin – Das Botschaftsattentat“;Sa., 20.15 Uhr, ARD
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen