: Anleitung zum Glücklichsein
■ Stefan Szczesny und die dritte Dimension: Das Gerhard-Marcks-Haus zeigt Skulpturen des meistens gut gelaunten Künstlers
Unglücklich? Mies gelaunt? Oder depressiv? Dann machen Sie's wie Stefan Szczesny: „Wenn ich Depressionen habe, fange ich an zu arbeiten“, sagt der 1951 in München geborene Künstler. Will sagen: Er geht ins Atelier und pinselt bunte Strichmännchen und vor allem -weibchen auf Leinwand oder Keramik. Und ganz im Stillen sagt er sich, was er ganz im Ernst auch gestern im Gerhard-Marcks-Haus sagte, das ab Sonntag einen ganzen Sommer lang ein Szczesny-Völkchen präsentiert: „Ich will das Positive und Lebensbejahende hochhalten.“Hough!
Regelrecht wonnig lümmeln und räkeln sich Akte, Büsten und Torsi im Bildhauermuseum am Wallgraben und lassen die eingangs aufgestellten Figuren des Hauskünstlers Gerhard Marcks geradezu trist erscheinen. Denn Stefan Szczesny, dessen Malerei 1992 in einer umfangreichen Retrospektive in der Bremer Kunsthalle vorgestellt wurde, pellt sich ein Ei auf das „Materialgerecht“-Sein der Moderne und bemalt seine Plastiken. Seit zehn Jahren beschäftigt sich Szczesny mit Kunst der dritten Dimension – die Ergebnisse sind nun neben neuer Malerei und einigen Reliefbildern erstmals in einer größeren Versammlung im Gerhard-Marcks-Haus zu bestaunen.
„Ich will eine eigene Welt schaffen“, sagt Szczesny und verweist dabei auf KollegInnen wie Bernd Zimmer oder Elvira Bach. Im Angesicht seiner zwei aus Autoblechen gefertigten Skulpturen drinnen und auf dem Hof schleicht sich der Name Niki de Saint Phalle in die KünstlerInnengesellschaft. Und wenig später kommen Picas-socezannedalimatissepopartundso-weiter hinzu.
Denn was so leicht, verspielt, naiv und locker daherkommt, hat schon einen postmodern-ironischen Hintersinn in der Pinselführung: Szczesnys Kunst gesteht auch in der dritten Dimension der (Frauen-) Figuren oder in den Phantasiegefäßen ganz offen ein, das Bildermachen nicht neu zu erfinden und aus einem vielfach vorformulierten Ideenfundus zu schöpfen. Am deutlichsten treten Cezannes Badende auf. Nicht sonderlich verstellt springen einem zahllose andere Zitate ins Auge.
Das ist nicht ohne Anspruch. Trotzdem sagt Szczesny: „An die Kunst werden zu hohe Erwartungen gestellt.“Hä? „Man legt sich doch viel leichter Musik auf, um sich in gute Laune versetzen zu lassen.“Ebendas versucht Szczesny mit dem Pinsel: „Ich möchte malen wie gute Rockmusik“. Also popts im Gerhard-Marcks-Haus; man muß nur mit den Augen hören.
Christoph Köster
Stefan Szczesny, „Figürliche Keramik, Malerei und Vasen“, bis 3. August im Gerhard-Marcks-Haus; Eröffnung Sonntag, 15. Juni, um 11.30 Uhr
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