piwik no script img

AnimationsfilmFrackträger und Wellenreiter

Mit "Madagaksar" avancierte der Pinguin zum Lieblingstier des Zeichentricks. In "Könige der Wellen" lernt der Vogel das Surfen.

Der Weg ist das Ziel. Bild: dpa

Als Liebling der Kinderstuben sind neuerdings Pinguine auf den ersten Platz gerückt. Früher galten sie - Frackträger! - als ausgesprochen steif im Umgang. Dann spielten sie in "Madagaskar" den Löwen glatt an die Wand. Man erinnere sich: als ausgefuchstes, wortkarges Trio kapern sie ein Schiff, um die "Heimat" ihrer Ahnen, die Antarktis zu besichtigen. Dort angekommen - der Eiswind bläst ihnen voll ins Gesicht - spricht es einer von ihnen ehrlich aus: "Is ja voll ätzend hier!" Im oscargekrönten "Happy Feet" kamen sie als singende und tanzende Showtalente groß raus. Auch außerhalb der Animationswelt hat der Pinguin an Prestige zugelegt, besonders durch die ebenfalls oscarprämierte Dokumentarschnulze "Die Reise der Pinguine".

"Könige der Wellen" knüpft an den genannten Zeichentrickvorläufern an. Auf die Frage, ob er noch weitere Talente habe, antwortet der kleine Pinguin Cody Maverick: "Wie jetzt - Sie meinen Singen und Tanzen oder so? Neeee, Mann, ich surfe!" Und seine Heimatstadt Buenos Eisig ist genau das graue, freudlose Eisloch, auf das die Beschreibung "voll ätzend" bestens passt. Als eine Art animierte Parodie auf Surfer-Dokumentationen wie Steve Peraltas "Riding Giants" weist "Könige der Wellen" eine unübersehbare Anzahl von popkulturellen Anspielungen auf.

Am schönsten sind solche Referenzen, wo sie ins Irrige abdriften wie etwa in der Einleitung des Films, die aus Pseudoarchivmaterial besteht. Die Geschichte des Surfens wird da erzählt, man sieht Pinguine mit unförmigen Brettern unter den "Armen" und altmodischen Frisuren auf dem Kopf. Noch weiter zurück geht es in der Zeit, bis eine alte Hieroglyphenschrift ins Bild kommt; die Kamera zoomt auf ein Schriftzeichen, das aus einem aufrecht gehenden Pinguin mit einem Brett unterm Flügel besteht.

Dass ein Animationsfilm die Form einer Dokumentation nachahmt, befremdet zunächst ein wenig. Offenbar sind "Hinter den Kulissen"-Filmchen und Reality-TV der Erzählstandard der heutigen Zeit. In "Könige der Wellen" folgt besagtem Cody Maverick auf seinem Weg zu seinem ersten großen Surfwettkampf ständig eine Kamera; sie wird ihm auch manchmal lästig. Zwischendurch werden, wie eben üblich, die Mutter, der Bruder und weitere Bystander nach ihren Erfahrungen mit Cody und dem Surfen allgemein befragt. Die Zahl der Gags, die der Film hieraus schlägt, ist gering, und der Plot ist überraschungsfrei: Cody entflieht der öden Arbeit in der Fischfabrik in Buenos Eisig, um seinen Traum vom Surfen zu verfolgen. Er hängt sich an einen Talentscout, der ihn nach Pin Gu Eiland mitnimmt, wo sich die Surfergemeinde zum großen Cup versammelt. Doch Cody muss erst mal verlieren lernen, bevor er gewinnen kann.

Womit wir bei der Moral wären, die in Kinderfilmen leider immer recht deutlich formuliert wird. Bei "Könige der Wellen" lautet die Botschaft: Der Weg ist das Ziel. Nicht immer ist der Sieger derjenige, der als Erster durchs Ziel kommt. Was den Film herausreißt, sind die wunderschön animierten Surfszenen und die hervorragend besetzten Synchronstimmen.

Und dann gibt es auch hier wieder eine Nebenfigur, die die Hauptfiguren an die Wand spielt: Chicken Joe, der surfende Hahn. Dieter Landuris leiht ihm seine Stimme und bringt seinen Charakter wunderbar zur Geltung. Chicken Joe nämlich ist echt cool. So cool, dass er sich noch mit den Kannibalen-Pinguinen anfreundet, während die ihn im Suppentopf braten. Stets entspannt stellt er einen echten Hippie dar - denen zum Trotz, die das inzwischen als Schimpfwort benutzen.

"Könige der Wellen". Regie: Ash Brannon und Chris Buck. Animationsfilm, USA 2007, 85 Min.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!