■ Das Portrait: Anibal Cavaco Silva
„Sein Amt bringt ihm bloß noch Ärger ein, er sollte sich lieber ausruhen.“ Teodoro Cavaco Silva, 82jähriger Vater des portugiesischen Ministerpräsidenten Anibal Cavaco Silva, sagte es am direktesten. Sein Sohn solle aufhören mit dem Regieren. Und er hört auf. Bei der Parlamentswahl im Oktober wird er nicht noch einmal als Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei (PSD) ins Rennen gehen. Den Vorsitz der rechtsliberalen PSD wird er auf dem Parteitag im Februar niederlegen.
Seit 16 Jahren ist die PSD Regierungspartei, zuerst in verschiedenen Koalitionen, seit 1985 regiert sie allein, mit Cavaco als Ministerpräsident. So lange ist in Portugal noch kein anderer demokratisch gewählter Regierungschef an der Macht gewesen, und unter seinen europäischen Kollegen wird der 55jährige Ökonomie-Professor noch von Spaniens Felipe González und Deutschlands Helmut Kohl überboten. Doch Macht macht müde. „Das Land hat die PSD satt“, kommentierte die größte portugiesische Tageszeitung Público. Seit Jahren macht die Regierungspartei vor allem durch Korruptionsskandale von sich reden.
Seinen Aufstieg hatte Cavaco den Führungsproblemen der Partei verdankt. Keinem der Nachfolger des charismatischen PSD-Vorsitzenden Francisco Sá Carneiro, der 1980 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, war es zunächst gelungen, die Partei geschlossen hinter sich zu bringen. Auf einem Sonderparteitag im Mai 1985 wurde Cavaco zum Parteichef gewählt. Unter Sá Carneiro war er Finanzminister gewesen, doch zum Zeitpunkt seiner Wahl zum PSD- Vorsitzenden war er ohne jegliches Partei- oder Regierungsamt. „Cavaco Silva? Der hat kein Curriculum“, kommentierte der damalige Regierungschef und Sozialisten-Vorsitzende Mario Soares die Wahl Cavacos. Doch diese Überheblichkeit rächte sich schnell. Nur einen Monat später kündigte Cavaco die Koalition mit der Sozialistischen Partei, aus den nachfolgenden Neuwahlen ging seine PSD als Siegerin hervor, und Cavaco wurde Ministerpräsident.
Portugals amtsmüder Regierungschef Foto: Vario-Press
Soares, von Cavaco im Regen stehengelassen, bekam raschen Trost: Im Januar 1986 wurde er zum Staatspräsidenten gewählt. Kein Wunder, daß Lissaboner Zeitungen hinter Cavacos jetzt angekündigtem Ausstieg schon die Lust an einer weiteren Thronfolge vermuten: 1996 ist Präsidentschaftswahl, und Soares darf nicht noch einmal kandidieren. Theo Pischke, Lissabon
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