■ Mit dem eigenen Geldbeutel auf du und du: Anhaltende Flaute
Frankfurt/Main (dpa) – Die Schlüsselindustrien richten sich schon wieder auf den nächsten Aufschwung ein. Davon können die privaten Haushalte nur träumen. Sie werden 1994 noch weniger in der Kasse haben als im letzten Jahr. Das Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hat zur gestrigen Eröffnung der Frankfurter Konsumgütermesse eine neue Studie über den privaten Verbrauch vorgestellt. Steigende Arbeitslosigkeit, spürbar geringere Tarifabschlüsse, sinkende übertarifliche Leistungen und die wahrscheinliche Nullrunde bei der Beamtenbesoldung sorgen dafür, daß die Lohnabhängigen in Westdeutschland in diesem Jahr rund zehn Milliarden Mark weniger ausgeben können als 1993.
Der private Verbrauch selbst läßt sich nicht im selben Ausmaß senken – die Krise trifft vor allem die unteren Einkommensgruppen. Sie werden nur um ein Prozent weniger einkaufen, der Lohnverlust wird vor allem durch sinkende Sparquoten aufgefangen.
Auch für die neuen Bundesländer sieht das Ifo-Institut kein weiteres Wachstum, sondern nur eine „Stagnation des privaten Verbrauchs“ voraus. In Ostdeutschland stieg der Umsatz des Einzelhandels 1993 noch leicht um 130 Milliarden Mark an. 1994 wird er real um ein Prozent zurückgehen.
Der sinkende Konsum gefährdet weitere Arbeitsplätze. Schon jetzt erwartet der Einzelhandel erst in zwei Jahren einen „leichten konjunkturellen Aufschwung“. Die schrumpfende Massenkaufkraft werde den Einzelhändlern 1994 Umsatzrückgänge bringen sowie etwa 30.000 Arbeitsplätze im Handel kosten, sagte der Geschäftsführer im Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Tessar, anläßlich der Frankfurter Messe.
1993 sank der Umsatz des Einzelhandels in den alten Bundesländern um real 4,5 Prozent auf 760 Milliarden Mark. Tessar rechnet mit derselben Minusrate auch für dieses Jahr: „Alle wichtigen Indikatoren der privaten Haushalte weisen nach unten.“ Außer sinkenden Löhnen seien dafür steigende Steuern und Abgaben verantwortlich.
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