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„Anhänger der Hisbollah“

■ VS wußte vor Attentat auch über Mykonos-Helfer Bescheid

Vor dem spektakulären Berliner Mykonos-Attentat hatte der Verfassungsschutz nicht nur zu dem Hauptangeklagten Kazem Darabi, sondern auch zu den Angeklagten Abbas Rhayel und Youssef Amin nähere Erkenntnisse. „Wir zählten Herrn Amin zu den Anhängern der Hisbollah“, sagte der frühere Leiter des Amtes, Heinz Annußeck, gestern im Prozeß. Bisher war bekannt, daß die Behörden den Iraner Darabi als bedeutenden Hisbollah-Anhänger eingestuft hatten.

In dem seit bereits über 150 Verhandlungstagen andauernden Prozeß müssen sich fünf Angeklagte wegen der Ermordung des iranischen Kurdenführers Sadegh Charafkandi und drei weiterer Oppositioneller im September 1992 verantworten. Laut Anklage soll der iranische Geheimdienst „Vevak“ das Attentat im Lokal Mykonos angeordnet haben.

Nach der Ermordung der Kurden war ein Untersuchungsausschuß des Berliner Parlaments eingerichtet worden, weil die Behörden die Überwachung von Darabi erst Monate nach einer entsprechenden Empfehlung des Bundesverfassungsschutzes anordneten. Grüne, FDP und Teile der SPD werfen Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) vor, daß Polizei und Verfassungsschutz den mutmaßlichen Drahtzieher Darabi zwar mehrfach zu politischer Zurückhaltung aufgefordert, aber nicht überwacht hatten. Bei „ordentlicher Geschäftsführung“, hatten die Grünen im Ausschuß moniert, hätte Heckelmanns Behörde den tödlichen Anschlag verhindern können. Grüne, PDS, FDP und auch die SPD hatten im Untersuchungsausschuß festgestellt, daß es Versäumnisse bei den Berliner Sicherheitsbehörden im Fall Mykonos gegeben habe. Der Ausschuß wird kommenden Donnerstag mit einer Aussprache im Parlament beendet.

Nähere Angaben zu den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes über Amin und Rhayel machte Annußeck zunächst nicht. Der Libanese Amin soll laut Anklage an der Tür des Lokals Schmiere gestanden haben. Seinem Landsmann Rhayel wird vorgeworfen, mit einer Pistole auf die Kurden geschossen zu haben. Beiden wird ebenso wie Darabi vierfacher Mord zur Last gelegt, die beiden übrigen Angeklagten werden der Beihilfe beschuldigt. dpa

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