Angst vor Olympia: Mücken und Rumgeballer
Riologie
Aus IpanemaMarkus Völker
Vor den Spielen sprach alle Welt von den Gefahren der Zika-Mücke. Die Angst war groß. Gut für viele Golfprofis, denn so hatten sie eine Ausrede und mussten nicht zum olympischen Golfturnier. Das deutsche Team bekam sogar einen Mückenspray-Exklusivsponsor. Auch uns Journalisten wurde auf einem Medientermin „Anti-Brumm“ in die Hand gedrückt.
Ich habe eine Sprayflasche mit nach Rio genommen, aber bisher nur einmal benutzt, weil eine Mücke nachts um mich herumschwirrte. Sie stach mich auch ein paar Mal. Das war mir aber wurscht, denn ich bin wahrscheinlich eh immun gegen Zika. Vor zwei Jahren bei der Fußball-WM habe ich mich im schwülheißen Nordosten des Landes herumgetrieben und wurde viel gestochen. Seit einer Woche hat sich keine Mücke mehr in der Wohnung blicken lassen, nur im Sambodrom schwirrten recht viele herum. In diesen Tagen spricht trotzdem keiner mehr von Zika. Das Thema ist durch.
Im Vorfeld der Olympischen Spiele werden ja immer wieder Schreckensszenarien entworfen. Vor den Winterspielen in Vancouver grassierte die Angst vor Bettwanzen, vor London hatte man Angst vor Anschlägen, und in Sotschi schien es so, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis einen streunende Hunde zerfleischen.
In Rio gibt es allerdings noch einen Angst-Trigger, der nicht einfach so verschwindet wie die Mücke im Winter: die Gewaltkriminalität in den Favelas. Amnesty International hat vor den Spielen eine App herausgebracht, Fogo Cruzado, Kreuzfeuer. Sie zeigt, wo in Rio besonders viel geschossen wird – derzeit vor allem im Complexo do Alemão, in Favelas rund um das Estádio do Maracanã und auch in der Nähe des Olympiazentrums, im Stadtteil Jacarepagua, wird geballert.
In Wirklichkeit ist noch viel mehr los, denn die App gibt nur ein unscharfes Bild von der Wirklichkeit. Die Favela Maré ist zum Beispiel immer wieder in den Schlagzeilen. Auf den Olympiatrampelpfaden ist es aber sicher. Wobei: Als ich mir das Reitzentrum in Deodoro ansah, war Minuten zuvor eine Patrone ins Pressezelt eingeschlagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen