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Angst vor Klein-Amsterdam

■ Noch sind in Leipzig keine Drogenabhängigen bekannt, doch Ämter haben Szene bereits im Blick/ Drogenbeauftragte: Erfassung jetzt schwieriger

Leipzig. Sieben Suchtberatungszentren des städtischen Gesundheitsamtes sowie eine Reihe engagierter Berater aus dem konfessionellen Bereich sind in Leipzig bereit, drogengefährdete Menschen oder auch solche, die diesbezügliche Befürchtungen haben, zu beraten und „aufzufangen“. Das Einschleusen von Rauschgiften als „Kehrseite der Medaille Freiheit“ könne von niemandem verhindert werden, sagte dazu die Drogenbeauftragte der Stadt und Leiterin des neugebildeten Drogenreferats, Dr. Ute Göbel. Noch sei die Messestadt kein Knotenpunkt für Drogenkartelle wie Amsterdam oder Frankfurt am Main, aber die Gefahr bestehe aufgrund der geographischen Lage. Illegalen Handel mit Drogen gibt es jedoch schon. Prävention sei daher jetzt das wichtigste, was man machen könne, um einer möglichen Abhängigkeit mit all ihren negativen Folgen bis zum Abstieg in die soziale Verelendung entgegenzuwirken.

Im Drogenbeirat arbeiten Vertreter von fünf Leipziger Ämtern, des Diakonischen Werkes, der Inneren Mission, der AGAS (Arbeitsgemeinschaft für Alkohol- und Suchtgefährdete), der Caritas, außerdem Psychologen, Pädagogen und Juristen der Leipziger Universität sowie Mitarbeiter der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und des Zolls zusammen. Noch seien in Leipzig keine Drogenabhängigen bekannt, betonte Dr. Göbel. Zur Zeit werde vor allem „angefüttert“, vor allem mit „weichen“ Drogen wie Cannabis und Hasch. Aber auch Kokain sei schon aufgetaucht — Heroin noch nicht. 14 Ermittlungsverfahren gegen Händler sind vom Drogendezernat der Leipziger Kripo bereits in diesem Jahr eingeleitet worden.

Am meisten gefährdet sind Jugendliche, da sie neugierig und probierfreudig sind. Schulhöfe seien allerdings noch keine „Umschlagplätze“, das Rauschmittelangebot beschränke sich bisher auf den Freizeitbereich, zum Beispiel Disko- und Spielotheken, Gaststätten, sagte die Gesprächspartnerin. Mit Hilfe von Fachleuten aus Frankfurt am Main werden in Leipzig Drogenkontakt- Lehrer ausgebildet, um die Jugend besser aufklären zu können.

Die Drogenbeauftragte verwies darauf, daß das Erfassen von Gefährdeten und Süchtigen nach der „Wende“ schwieriger geworden sei. Die Meldepflicht, die zu DDR-Zeiten für die Sucht Nummer Eins, den Alkoholismus, bestand, gibt es aus Gründen des Datenschutzes nicht mehr. adn

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