Angriff im Norden Afghanistans: Dutzende Tote bei Taliban-Angriff
Sie tarnten sich mit Militäruniformen und attackierten einen Armeestützpunkt im relativ sicheren Norden Afghanistans. Mindestens 50 Menschen wurden getötet.
Kabul dpa | Radikalislamische Talibankämpfer haben einen Armeestützpunkt im Norden Afghanistans gestürmt und mindestens 50 Soldaten getötet. Mindestens 76 weitere wurden verletzt, wie Armeesprecher Wetnaam Schinwari berichtete. Die etwa zehn Angreifer hatten sich als Soldaten verkleidet, wie er sagte. Alle Extremisten bis auf einen, der festgenommen wurde, seien nach stundenlangen Feuergefechten erschossen worden.
Die Militärbasis in der Provinz Balch liegt in der Nähe der Provinzhauptstadt Masar-i-Scharif. Erst am Abend war sie wieder unter Kontrolle der Regierungstruppen.
Schinwari sagte, die Verkleidung der Angreifer mit Uniformen hätten es erschwert, sie von den anderen Soldaten zu unterscheiden. Deshalb habe das Feuergefecht so lange gedauert. Die Zahl der Toten könne sich noch erhöhen, da Sicherheitskräfte das Gelände noch absuchten, sagte er weiter. Ein Abgeordneter im Regionalparlament, Sabihullah Kakar, berichtete von 66 Todesopfern.
Die Taliban waren seinen Worten zufolge mit drei Militärfahrzeugen vorgefahren und hatten am Eingangstor eine Rakete gezündet, um sich Zugang zu verschaffen. Ihr erstes Ziel sei eine Moschee gewesen, in der sich Militärangehörige zum Freitagsgebet versammelt hätten.
Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid teilte auf Twitter mit, mehr als 100 Soldaten seien getötet worden. Die Taliban geben aber meist überhöhte Opferzahlen an.
Balch gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans. Dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes. Die Bundeswehr hatte im Rahmen der Nato-Mission in Masar-i-Scharif ihr Feldlager. Seitdem die Nato den Kampf gegen die Taliban der einheimischen Armee überlassen hat, sind die internationalen Truppen nur noch zur Beratung und Ausbildung da. Von einst mehr als 5.000 deutschen Soldaten sind nur noch rund 950 übrig, die meisten davon in Masar-i-Scharif.
Der Angriff vom Freitag war der zweite dieser Art auf eine Militäreinrichtung in den zurückliegenden Monaten. Für die erste Attacke auf ein Militärkrankenhaus in Kabul Anfang März hatte sich die Terrormiliz Islamischer Staat verantwortlich erklärt. Damals kamen 49 Menschen ums Leben, 76 wurden verletzt.
Leser*innenkommentare
Reinhold Schramm
Die westlichen Armeen der Rohstoffkonzerne und Aktiengesellschaften haben in Afghanistan und in anderen Rohstoff- und Armutsregionen nichts zu suchen. Es bedarf dort einer sozialrevolutionären Befreiungsbewegung. Der regionale und nationale Bürgerkrieg bleibt Sache der örtlichen Bevölkerungen. Daran haben die westlichen Interessenbündnisse nichts verloren. Was sie nicht davon abhalten wird, das militärische Geschehen vor Ort in ihrem materiellen Herrschafts- und Machtanspruch zu mitentscheiden. Die Bevölkerungen müssen sich selbst entscheiden, für sozialen und eigenständigen ökonomischen Fortschritt, oder für eine feudalreaktionäre Aberglaubensgesellschaft. Fremde, westliche und östliche Mächte haben sich hier nicht zu beteiligen, auch wenn dabei die jeweiligen nationalen Kampf- und Repressionsverbände verbluten.
Georg Dallmann
Dieser schreckliche Vorfall zeigt einmal mehr, daß die afghanischen "Sicherheitskräfte" in Wirklichkeit vollkommen überfordert sind mit ihrer Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen. Im Gegenteil: Sie können nicht einmal die Sicherheit ihrer eigenen Camps gewährleisten.
Das ist die - traurige aber ebenso auch wahre - Erkenntnis, die man aus diesem Fall (und das ist nicht der einzige dieser Art) einmal mehr ziehen muß.
A. Müllermilch
Bewundernswert, wie sich die Taliban gegen den dem Land vom Westen aufgezwungenen Kulturkampf behaupten.
Der Versuch des Westens, Afghanistan zu "zivilisieren" ist genauso gescheitert wie zuvor der gleiche Versuch der SU. Mit zunehmender Aussichtslosigkeit und Perspektivlosigkeit wird der von einer rot-grünen Regieung begonnene BW-Einsatz zum Verbrechen. Es geht nur noch um Unterdrückung der Taliban ohne für Afghanistan eine friedvolle Perspektive anbieten zu können.
Ohne diese Perspektive fehlt dem westlichen Einsatz jede moralische Berechtigung.
83379 (Profil gelöscht)
Gast
Um friedlichen Wiederaufbau und Entwicklung zu ermölgichen muss man Sicherheit herstellen, so ein Einsatz hätte aber ein vielfaches and Truppen und Geld gekostet. Außerdem hätte man die Truppen mit dem Auftrag schicken müssen: Taliban töten dann Brunnen bohren, etc.
Man wollte aber einen "moralisch" sauberen Auftrag dementsprechend scheiterte der Wiederaufbau, aber auch an unzureichenden Mitteln, man hätte bspw. Kabul eine Kanalisation bauen können etc. davon hätten die Leute was gehabt und der Bau hätte viele Leute in Lohn und Brot gebracht - hätte halt Geld gekostet. So wie man es gemacht hat hätte man es auch bleiben lassen können.
A. Müllermilch
" Taliban töten"
So war die "Mission" doch angelegt. Schwierig wurde es erst, als mehr als 50 BWler von den Taliban getötet wurden.
Moralisch sauber heißt Taliban töten ohne deutsche Opfer. Deshalb am liebsten Drohnen und Luftangriffe.
Der ganze Einsatz ist ob seiner Feigheit einfach nur widerlich und sollte sofort beendet werden.