Angriff auf Microsoft: Browser-Krieg 2.0
Einst kämpfte Netscape gegen Microsoft, weil der Softwarekonzern seinen Internet Explorer mit Monopolmacht in den Markt drückte - nun startet Opera eine EU-Beschwerde.
Der norwegische Browser-Hersteller Opera hat bei der Europäischen Kommission eine Monopolbeschwerde gegen Microsoft eingereicht. Der Softwarekonzern missbrauche seine dominierende Stellung, in dem er seinen Browser Internet Explorer mit dem Windows-Betriebssystem koppele. Zudem schränke er die Kompatibilität zwischen Web- Anwendungen ein, weil er sich nicht an Standards halte. "Opera hat die Kommission gebeten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, den Kunden wieder eine echte Wahlfreiheit zu geben", heißt es in einer Mitteilung der Osloer Firma. Opera gehört zu den wenigen verbliebenen Browser-Herstellern und bietet seine Plattform unter anderem für Mobilgeräte an. Aber auch Windows- und Mac-Rechner werden unterstützt.
Die Beschwerde erinnert in ihrer Form an das wohl legendärste Verfahren in der jüngeren Internet-Geschichte. 20 US-Bundesstaaten und das amerikanische Justizministerium verklagten dabei 1998 Microsoft, weil sich der Softwarekonzern mit seiner Vormachtstellung bei den Betriebssystemen im Browsermarkt massive Wettbewerbsvorteile verschafft und den Konkurrenten Netscape damit niedergerungen haben sollte. Seither ist jedoch einiges passiert: Netscape existiert in seiner alten Form nicht mehr, wurde aber vom Open-Source-Projekt Mozilla mit seinem Firefox-Browser abgelöst. Microsoft legte den Streit außergerichtlich zu Konditionen bei, die Beobachter als "erstaunlich weich" kritisierten. Der Browser Internet Explorer ist immer noch im Markt dominant, wenn er auch durch Mozilla Firefox und Apples Software Safari in den letzten Jahren zuletzt zweistellige Prozentpunkte einbüßte.
Opera-Chef Jon von Tetzchner glaubt aber, dass das mit dem US- Monopolverfahren adressierte Problem heute gelöst ist. "Wir reichen diese Beschwerde für alle Kunden ein, die es leid sind, dass ein Monopolist für sie Entscheidungen trifft", sagte er. Seine Firma wolle, dass den Kunden faire und angemessene Wahlmöglichkeiten gelassen würden. Dazu müsse der Internet Explorer von Windows getrennt werden oder alternative Browser auf dem Desktop vorinstalliert sein. Gleichzeitig solle Microsoft gezwungen werden, sich mit seiner Software an Web-Standards zu halten, damit Entwickler nicht zusätzliche Kosten aufwenden müssten, um ihre Produkte an den Internet Explorer anzupassen. "Wir fordern Microsoft auf, sich an seine eigenen Ankündigungen zu halten", so Opera.
Während in den USA das Monopolverfahren für Microsoft relativ glimpflich ausging, muss der Konzern im Rahmen des Vorgehens europäischer Kartellwächter rund 500 Millionen Euro Strafe zahlen. Bei dem Fall wurde der Internet Explorer-Streit jedoch nicht aufgerollt, allerdings ging es auch hier unter anderem um die Verknüpfung von Anwendungen und Betriebssystem in Form der Multimedialösung "Windows Media Player". Genau hier sieht Opera nun eine Chance: "Wir bitten die Kommission lediglich, die gleichen, klaren Prinzipien bei der Bündelung des Internet Explorer anzulegen", so das Unternehmen. Diese Verknüpfung habe noch deutlich schwerere Auswirkungen auf Endkunden und Innovation. "Wir sind sicher, dass die Kommission diese Bedeutung erkennt." Durch die Verknüpfung von Internet Explorer und Windows habe Microsoft einen Vorteil, den die Konkurrenten nicht einholen könnten. Eine Sprecherin der Wettbewerbsbehörde sagte gegenüber dem Wall Street Journal, die Beschwerde werde sorgfältig geprüft - auch im Hinblick auf die nun etablierte Fallgeschichte. Microsoft hatte ein Berufungsverfahren gegen die Strafzahlung und das Kartellverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof verloren.
Der Fall wirkt nicht umsonst wie ein Deja-vu: Zwar hat Mozillas Firefox-Browser inzwischen auch viele Endkunden erreicht, doch den dominierenden Platz, den Netscapes alter Navigator einst Ende der Neunziger Jahre einnahm, wurde nicht erkämpft. Microsoft hatte unterdessen die Innovationen beim Internet Explorer zunächst nahezu eingestellt; erst 2006 erschien wieder eine verbesserte Version, die zahlreiche Tester allerdings für schlechter halten als Firefox.
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