■ Anglikanische Kirche von England läßt Priesterinnen zu: Der Vatikan ist schwer empört
London (taz) – Diejenigen, die im Kirchenhaus von Westminster saßen, waren angehalten, ihre Freudenschreie hinter vorgehaltener Hand zu ersticken. Außerhalb des Palastes jedoch brachen Tausende in Jubel aus, als der Erzbischof von Canterbury, Dr. George Carey, das historische Ereignis am Mittwoch abend gegen 17.30 Uhr verkündete: Die Hauptsynode der anglikanischen Kirche hat der Ordination von Frauen mit einer Zweidrittelmehrheit zugestimmt.
Nach jahrzehntelangem erbittertem Kampf um die Gleichstellung von Frau und Mann in der englischen Staatskirche, der in den letzten Tagen vor der Abstimmung in eine regelrechte Hetzkampagne ausuferte, steht nun fest: Die Church of England verschließt ihren Frauen nicht länger die Tür zum Priesteramt.
Bis zur letzten Minute hatte niemand vorhersagen können, wie die Entscheidung der Hauptsynode ausfallen würde – und letztlich hing sie auch an einem hauchdünnen Faden. Nötig war jeweils eine Zweidrittelmehrheit aller drei Häuser dieses regierenden Organs der englischen Staatskirche. Während sich die Bischöfe mit 39 zu 13 und die Priester mit 176 zu 74 Jastimmen mit deutlicher Mehrheit für die Reform aussprachen, hatten einige Unentschlossene das Ergebnis des Laienhauses spannend gehalten. Mit 169 zu 82 Stimmen votierten die Mitglieder schließlich für den Antrag – wären es nur zwei Stimmen weniger gewesen, hätte das gereicht, um ihn durchfallen zu lassen. Vorangegangen war dem Votum eine siebenstündige Debatte, die in Anbetracht der leidenschaftlichen Argumentation, die das Thema im Vorfeld ausgelöst hatte, erstaunlich ruhig ablief. Noch einmal versuchten die Sprecher der beiden Kampagnen für und gegen die Ordination von Frauen, die Stimmen der Zögerer auf ihre Seite zu bringen. Erzbischof Carey, der unter der Königin die Leitung über die Church of England hat, machte nochmals deutlich, daß die Ordination von Frauen in der anglikanischen Kirche aus seiner Sicht unaufschiebbar und richtig ist.
„Wenn der Antrag durchkommt, heißt das, daß die Autorität der Heiligen Schrift in der Church of England unerbittlich und verhängnisvoll geschwächt wird“, warnte der Bischof von Sheffield, Reverend David Lunn. Er ist einer der tausend Geistlichen, die in diesem Fall mit ihrer Amtsniederlegung gedroht haben.
Unter den erbitterten Gegnern der Reform, die am Mittwoch abend nicht an den zahlreichen Jubelfeiern teilnahmen, sind auch etliche Frauen. In einer gemeinsamen Stellungnahme verurteilten die „Frauen gegen die Ordination von Frauen“ die Gleichstellung der Geschlechter in ihrer Kirche. Empört reagierte auch der Vatikan: „Die Entscheidung der anglikanischen Glaubensgemeinschaft ist ein ernsthaftes Hindernis für die vollständige Aussöhnung mit der katholischen Kirche“, drohte ein Sprecher.
Die nächsten Monate werden für den Erzbischof von Canterbury, der nun eine in sich völlig zerrissene Kirche leitet, eine große Herausforderung sein. Die ersten britischen Priesterinnen könnten allerdings ohnehin erst in zwei Jahren ordiniert werden, wenn das Gesetz auch die Absegnung des Parlaments und der Königin hat. Rund 1.300 Frauen warten bereits seit Jahren auf ihre Priesterinnenweihe. Bislang dürfen sie ihrer Kirche allenfalls als Diakonissen dienen. Sie dürfen weder die heilige Kommunion erteilen noch etwa Beichten abnehmen oder gar Segen über andere aussprechen.
In anderen Ländern wie im nahen Irland oder etwa in Kanada akzeptiert die anglikanische Kirche bereits seit einigen Jahren Priesterinnen. Antje Passenheim
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