■ Angela Merkel will Flugbenzin besteuern, aber sie darf nicht: Fast eine Hoffnung in Bonn?
Einsichten sind so ziemlich das letzte, was realistischerweise von der gegenwärtigen Regierung zu erwarten ist. Sie ist schließlich für das pure Beharrungsvermögen des Kanzlers wiedergewählt worden. Überraschend deshalb, daß gelegentlich Signale aus der Bonner Wagenburg dringen, die zwar etwas undeutlich sind, aber immerhin den Schluß nahelegen, dort drinnen werde gelegentlich nachgedacht.
Es klingt zu schön, um wahr zu sein. Deswegen wohl hat Angela Merkel nur der Bild-Zeitung gesagt, die Bundesregierung wolle demnächst das Flugbenzin besteuern. Denn das ist natürlich nicht wahr, hat Helmut Kohls Kanzleramt umgehend ausrichten lassen. Wahr ist vielmehr, daß die Bundesregierung daran keineswegs denkt.
Wahr ist aber vielleicht trotzdem, daß Angela Merkel denkt. Sie verweist öffentlich auf Argumente von Fachleuten, denen die steuerliche Förderung von Inlandsflügen schon lange nicht mehr einleuchtet. Die Umweltministerin glaubt außerdem fest an die Atomenergie, meint aber zugleich, eine Energiesteuer sei nützlich für das Klima und fördere zudem die Erneuerung der deutschen Industrie. Das paßt zwar alles nicht gut zusammen und ist weit entfernt von einem ökologischen Zukunftsentwurf. Aber es klingt originell, fast so, als sei da jemand auf dem Weg zu ganz eigenen Einsichten.
Weiter so? In diesem Fall wohl nicht. Eisiges Schweigen aus dem Regierungslager hat die erstaunlichen Auftritte der Umweltministerin bisher begleitet. Die Nachdenkerin stört, vor allem hat sie vergessen, daß sie Kohl fragen muß, bevor sie etwas sagt. Hoffnungen auf Reformen sind an diese Adresse nicht zu richten. Das gilt leider auch für Angela Merkel selbst. Über ihre vernünftige Steuer für Flugbenzin wird das Kabinett nicht einmal diskutieren. Umweltverbände haben zu früh applaudiert. Kohl persönlich hat seine Ministerin abgekanzelt. Schon der Verdacht grüner Sympathien hat dazu gereicht. Denn diese Regierung setzt nicht auf wirtschaftliche Erneuerungen, sondern auf die konservative Renaissance, für die eine Claudia Nolte, die stramme Jungkatholikin, am Kabinettstisch sitzt.
Angela Merkel hat nun die Wahl. Sie kann entweder als ostdeutsche Proporzfrau schweigen oder sagen, was sie denkt. Beides zusammen geht nicht, nicht mit diesem Kanzler und eben deshalb auch nicht mit dieser Ministerin. Niklaus Hablützel
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