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Angeblicher Coup für USAIranischer Atomforscher nun bei CIA

Ein iranischer Atomwissenschaftler soll laut einem Fernsehbericht zum US-Geheimdienst CIA übergelaufen sein. Teherans Regierung behauptet dagegen, er sei entführt worden.

Rückschlag für den Iran? Atomanlage Buschir. Bild: ap

BERLIN taz Ein iranischer Atomwissenschaftler ist angeblich zum US-Geheimdienst CIA übergelaufen. Wie der US-Fernsehsender ABC am Dienstag berichtete, ist Schahram Amiri, der im vergangenen Jahr auf rätselhafte Weise verschwunden war, mittlerweile für die CIA tätig. Es sei ein "Coup" gewesen, um das iranische Atomprogramm zu unterlaufen, zitierte der Sender amerikanische Geheimdienstler.

Amiri, Mitte dreißig, war am 31. Mai vergangenen Jahres von Teheran aus zu einer Pilgerreise nach Saudi-Arabien aufgebrochen. Bei einem Telefongespräch aus Medina mit seiner Frau berichtete er, dass er am Flughafen weit ausführlicher als andere Mitreisende von saudischen Sicherheitsbeamten befragt worden sei. Am dritten Tag seines Aufenthalts in Mekka verließ er sein Hotel und kehrte nicht mehr zurück.

Während westliche Medien Amiri als einen wichtigen Atomspezialisten bezeichneten, der über das iranische Atomprogramm bestens informiert sei, erklärte seine Frau, er sei ein Physiker und an der Universität tätig. Mit Atomangelegenheiten habe er nichts zu tun. Demgegenüber hieß es im amtlichen englischsprachigen Press TV, Amiri habe an der Teheraner Malek-Aschtar-Universität gearbeitet. Diese wird jedoch von der UNO als ein Atomforschungszentrum bezeichnet, das unter der Kontrolle der Revolutionswächter steht.

Auch der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki erklärte im vergangenen Herbst, Amiri sei kein Geheimnisträger. Er sei jemand, der sich, wie jeder andere iranische Staatsbürger auch, für die iranische Regierung einsetze. Doch gleichzeitig behauptete Mottaki, der Wissenschaftler sei in einer koordinierten Aktion zwischen saudischen Sicherheitsdiensten und US-Geheimdiensten gekidnappt worden.

Der Fall sorgte für zusätzlichem Ärger in den ohnehin schwer belasteten Beziehungen zwischen Teheran und Washington. Mottaki brachte diesen und ähnliche Fälle im Oktober bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zur Sprache und beschuldigte die USA, die Hand im Spiel zu haben. "Wir haben Dokumente gefunden, die belegen, dass die USA das Verschwinden Amiris beeinflusst haben", sagte der Minister in einem Interview mit dem Fernsehsender al-Dschasira. Er beschwerte sich auch bei der saudischen Regierung und drohte, die jährlichen Pilgerreisen von zehntausenden Iranern nach Mekka einzustellen. Mehrmals demonstrierten Amiris Angehörige vor der saudischen Botschaft in Teheran.

Die Brisanz des Falls erfuhr eine Zuspitzung, als wenige Monate nach dem Verschwinden Amiris die Existenz einer zweiten Anreicherungsanlage im Iran bekannt wurde. Iran bestritt den Zusammenhang. Das Land sei noch nicht zur Bekanntgabe der Anlage bei der Internationalen Atombehörde verpflichtet gewesen.

Ob Amiri tatsächlich entführt wurde oder freiwillig zu den Amerikanern übergelaufen ist, bleibt weiterhin ein Rätsel. Ähnliche Fälle aus der Vergangenheit sprechen eher für eine Mitwirkung ausländischer Geheimdienste. 2007 verschwand Ali Reza Asgari, ehemaliger Stellvertreter des Verteidigungsministers, aus einem Hotel in Istanbul. Er hält sich inzwischen in Israel auf. Der ehemalige iranische Botschafter in Jordanien, Nasollah Tadschik, wurde wegen angeblich illegaler Waffengeschäfte in London verhaftet. Mysteriös schien auch das Verschwinden des Iraners Ardebili vor zwei Jahren in Georgien.

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12 Kommentare

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  • DS
    Das Selbst

    Deshalb soll sich Europa endlich distanzieren und ihre eigenen Ziele und Vorstellungen umsetzten. Die Briten dürfen wenn sie wollen gerne weiter die Amis untersützen, an Europa liegt denen scheinbar nicht viel.

  • N
    nurso

    "Wer die Technik hat und es sich leisten kann...ist nunmal das am weitesten entwickelte Land"

     

    Ha, ha, in welche Richtung am weitesten entwickelt? RÜCKENTWICKELT trifft wohl eher zu. Und finanziell leisten können?

     

     

    "Afganistan ist jetzt sogar tatsächlich um einiges demokratischer als vorher."

     

    Coke oder Pepsi, Whopper oder BigMäc? ;-)))

     

    @Flo: sachlich bleiben und weniger beleidigen wäre wohl angemessener.

  • F
    Flo

    Ist doch egal ob er zur CIA übergelaufen ist oder die CIA ihn entführt hat. Der Pöbel weiß, die USA ist das pure Böse und wird immer das pure Böse sein. Daher MUSS er ja entführt worden sein.Punkt

     

     

    "wie der derzeit im Bau befindliche größte Flugzeugträger der Welt, fliessen"

     

    Wer die Technik hat und es sich leisten kann...ist nunmal das am weitesten entwickelte Land ;)

     

     

    "Wenn die USA mal etwas wirklich sinnvolles und nachhaltiges für die Welt machen wollen: Sammelt Eure verschossene Uranmunition ein"

     

    >Die USA sind der weltweit größte Geldgeber für humanitäre Projekte zur Beseitigung der heimtückischen Kriegswaffen.<

     

     

    "bringen ja angeblich die Demokratie in die ganze Welt, siehe z. Z. Afghanistan"

     

    Afganistan ist jetzt sogar tatsächlich um einiges demokratischer als vorher. ;-)

     

     

    "So sichert man Ölreserven gegen Russland und China"

     

    Würdest du auch schmollen wenn sich ein anderes LAnd Ölreserven gegenüber den USA sichern würde?

     

    "USA, USA, USA !!!!!!"

  • X
    xxx

    Aufgrund solcher (erlogenen?) Aussagen werden die USA einen Angriffskrieg gegen den Iran durchführen, initiiert durch die CIA, sind ja jetzt gut und gerne schon 50 Jahre an der Sache dran. Es ist immer die selbe Masche der USA, siehe die vergangenheit und deren Kriege, z. B. Vietnam. Wofür hat man schliesslich die CIA.

    So sichert man Ölreserven gegen Russland und China, sorgt dafür, das dieses Öl in Dollar gehandelt wird und kurbelt gleichzeitig die heimische (Rüstungs-)Industrie an, zumal man in einem solchen Krieg auch noch seine "Ladenhüter" los wird und Steuergelder für neue Projekte, wie der derzeit im Bau befindliche größte Flugzeugträger der Welt, fliessen.

    Armselig, wenn eine Nation nur auf einer solchen imperialistischen Basis (bringen ja angeblich die Demokratie in die ganze Welt, siehe z. Z. Afghanistan) existieren kann.

     

    Wenn die USA mal etwas wirklich sinnvolles und nachhaltiges für die Welt machen wollen: Sammelt Eure verschossene Uranmunition ein, diese sorgt über Generationen für Kranke und Krüppel (ist doch BESTIMMT nicht so GEWOLLT).

  • V
    vic

    Erstens bin ich überzeugt dass der Mann von der CIA entführt wurde. Er wäre nicht der Erste.

    Zweitens weiß zumindest ich, was ich von Informationen sogenannter Insider zu erwarten habe.

    Siehe Massenvernichtungswaffen des Irak.

  • LH
    Lisa Heinemann

    Zitat Homer Simpson: "USA, USA, USA !!!!!!"

  • M
    Markus

    Herr Effe trifft es auf den Punkt.

  • JS
    johan Schreuder

    Es gibt nur eine Hoffnung auf Frieden im mittleren Osten nämlich das der Iran, genauso wie Israel und dis VS, eine Atombombe haben. Erst dann ist mann auf Augenhöhe und gibt es den nötigen Respekt.

  • TE
    Thomas Effe

    Wenn man Shahram Amiri wäre und mit der CIA einen Deal erreichen wollte, würde man als erstes Sicherheit für die eigene Familie verlangen. Die Familie Amiris ist jedoch weiterhin im Iran. Deshalb verhärtet sich der Verdacht auf Entführung (von wem auch immer), ein Deal sieht nämlich anders aus und würde nicht 8 Monate lang dauern.

  • B
    bildleser

    Sensation!!! CIA verkündet, dass eine iranische Atombombe zum amerikanischen Auslandsgeheimdienst übergelaufen ist! Die Massenvernichtungswaffe war über ein Jahr verschwunden, tauchte jetzt jedoch mit brisanten Informationen auf. Sie berichtete, laut CIA, ständig Flugmanöver gen Israel trainiert zu haben und wies auf diverse Geschwister hin, welche für ähnliche Aufgaben ausgebildet wurden. Der Iran dementiert, diese Bombe zu kennen und verweist auf sein nicht vorhandenes Atomwaffenprogramm.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Macht es wie 89! Die Archive gehören doch dem Volk und nicht den Strolchen

  • TS
    Theo Schmidt

    das ist doch mal ein guter bericht. so langsam scheint auch die presse endlich hinter die spielereien der geheimdienste zu kommen. ein weiterer schritt in richtung aufklärung der realität, in der wir eigentlich leben.