: Andromedare gibt es nicht
Blohm und Voss mit 70 Pferden und berittener Polizei im Zauberwald – oder:Warum Party und Goa nicht zusammenpassen
Blohm: Wir gehen also auf eine Goa-Party im Zauberwald mit 70 Pferden?
Voss: Erst müssen wir Doktor Wenkwart oder so ähnlich finden.
Blohm: Zumindest tanzt hier berittene Polizei. Eine Goa-Party hatte ich mir anders vorgestellt...
Voss: Niemand hat von einer Goa-Party gesprochen.
Blohm: Immerhin gibt es ein Pferd namens Shiva. Und diese Kassandra könnte eine fernöstliche Namenskusine der griechischen Kassandra sein. Die war jedenfalls keine bösartige Statthalterin von Goa, der hier den Bösewicht abgibt. Der alte Kampf zwischen Gut und Böse. Der „Nebel des Vergessens“ bezieht sich bestimmt auf einen politischen Subtext...
Voss: Schnell umkleiden kann Kassandra sich zumindest.
Blohm: Eine eindrucksvolle Nummer. Goas Hengst heißt Wotan – ausgerechnet. Eine Parabel mit universellem Anspruch. Nur worauf...
Voss: Parabel oder Anspruch?
Blohm: Das muss uns der Doktor erklären. Vielleicht finden wir ihn in der Pause. Zumindest die
Grundidee wird langsam klar. Der Böse will den Menschen die Phantasie rauben.
Voss: Der Innensenator?
Blohm: Beraubt seiner Träume sei der Mensch beherrschbar. Soll wohl heißen, dass der Mensch sich in der Phantasie verwirklicht. Sublime Ironie?
Voss: Seh’n Sie! Ein Andromedar!
Blohm: Ein Kamel. Andromedare gibt es nicht, schon gar nicht in der Wüste.
Voss: Wir hätten vorher kiffen sollen. Die Lichtshow wäre noch eindrucksvoller.
Blohm: Details, wie der Mann, der auf dem fliegenden Teppich durchs Bild schwebt, sind fürwahr entzückend. Aber wir kiffen ja nicht mehr.
Voss: Warum werden eigentlich die Pferde herumgescheucht, wenn sie doch die Seelen der Menschen beherrschen können?
Blohm: Wir sind Teil der Matrix. Bis auf die Mäuse, versteht sich...
Voss: Ein Swimming Pool kommt von der Decke geschwebt. Die haben sich wirklich Mühe gegeben.
Blohm: Wollen wir am Tag der offenen Tür zum „morgentlichen“ Training gehen und uns Autogramme holen?
Voss: Ich werde mit meiner Nichte gehen.
Blohm: Und ich mitnichten... Ich glaube übrigens, dass es eher um Drogen als um Politik geht. „Keine Party ohne Kristall“, sagt Sambala, die Herrscherin der Party-Zone... Da kommt Goa. Ein kapitaler Einfall, „Goa“ und „Party“ als Gegensatz aufzuführen.
Voss: In der Eiswüste treffen sie sogar auf einen „Schneekönig“!
Blohm: Sie sollten sich überlegen, ob das etwas für Ihre Nichte ist. Aber sehen Sie: großartige Reiterakrobatik! Das Publikum ist mit Recht begeistert. Nach Aristoteles käme nun die Katharsis. Ein dramatischer Kampf um die Kristalle – da! – Die Guten gewinnen, ich hatte kaum zu hoffen gewagt...
Voss: Sie sind gemein.
Blohm: Die Botschaft ist viel gemeiner: Seine Träume soll man leben – warum nicht das Leben? Und dann: Das Gute gehört zum Leben wie das Böse. Antagonismen in Harmonie aufzulösen ist ein theoretisches Unding...
Voss: Und der politische Subtext?
Blohm: Das ist der politische Subtext. Nur die Drogen passen nicht. Es sei denn, man schlüge sie in ihrer Eigenschaft, Träume begünstigen zu können, der guten Seite zu.
Voss: Sie sind wohl schon bekifft. Zum Glück hat meine Tochter nicht Ihre Phantasie.
Blohm: Sie rettet mich an Abenden wie diesen. Hat das Musical doch Recht? Wo ist eigentlich Ihr Doktor?
Voss: Ich habe keinen Bedarf mehr an Akademikern. Ich kaufe Tickets für die Familie und gehe heim. Weihnachten ist gerettet.
Blohm: Ich werde den Doktor suchen. Es gibt einiges zu besprechen...
„Goa – Zauberwald“, Bürgerweide, bis 5. Januar täglich, außer 24. Dezember, 1. Januar. Sonntag: Tag der offenen Tür . Weitere Infos: www.zauberwald.de
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