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Andreas Hartmann Ausgehen und rumstehenZettel an der Wohnungstür, „Sorry, bei uns keine Feier. Sind schon im Bett.“

Nie würde es leichter sein, diese Ausgeh-Kolumne zu füllen als an Silvester, dachte ich mir. Sonst kann es schon mal vorkommen, dass man sich auf irgendwelchen unspannenden Events rumdrücken muss, um noch unbedingt etwas Kolumnentaugliches zu erleben, obwohl man eigentlich lieber daheim in Jogginghose auf der Couch sitzen möchte. Aber Silvester: eine totsichere Sache. Da zieht man bekanntlich sowieso von Party zu Party und erlebt unglaubliche Dinge, von denen man noch locker bis zum Ende des Jahres in dieser Kolumne berichten könnte.

Eigentlich hätte ich jedoch bereits im Vorfeld ahnen können, dass dem dieses Mal dann doch nicht so werden sollte. Erst mal meldeten sich reihenweise die Leute ab, mit denen man von Party zu Party ziehen könnte. Bloß weg aus Berlin, ließen sie verlauten, weil der Hund wegen dem ganzen Geknalle immer so schrecklich leiden würde oder weil man lieber besinnlich in einem Spa in der Uckermark in das neue Jahr eintauchen möchte.

Dann fiel auch noch eine Partyoption nach der anderen ins Wasser. Die einen machen jetzt doch nichts, weil die Oma krank ist, und die anderen haben beschlossen, lieber gemütlich zu zweit anzustoßen. Pärchen werden zu Silvester immer so gefühlig, mit denen kann man einfach nicht rechnen, ich hätte es wissen müssen.

Der allgemein um sich zu greifen scheinende Horror vor Silvester hat sich dann bei mir im Haus sogar zum Running Gag entwickelt. Irgendjemand erzählte herum, dass meine Nachbarn groß feiern würden, das Gerücht verbreitete sich von Stockwerk zu Stockwerk. Das hatten die jedoch nie vor. Das Ganze endete dann damit, dass sie noch weit vor Mitternacht an ihre Wohnungstüre einen Zettel klebten, auf dem stand: „Sorry, bei uns keine Feier. Sind schon im Bett.“ Und ich glaube, das waren sie auch wirklich.

Wenn man an Silvester kurz vor dem großen Paukenschlag, der unweigerlich näher rückt, immer noch nicht weiß, wo genau man denn nun ausgehen und rumstehen soll, schaltet man noch kurz das Fernsehgerät an. Glamouröse Shows und so weiter werden einem an diesem festlichen Tag schließlich traditionell versprochen. Es lief etwas über die große Silvesterparty am Branden­burger Tor mit Stars und Musik, wo man theoretisch auch hätte hingehen können. Ein ausführliches Spezial über die Beatles wurde gezeigt und dann erläutert, dass Paul Mc Cartney ein echtes Genie der Popmusik sei. Wow, dachte ich, die haben tatsächlich Paul Mc Cartney dazu bewegen können, zur Neujahrsparty in Berlin aufzutreten. Was danach kam, war jedoch, dass eine von wahrscheinlich zwanzigtausend existierenden Beatles-Tribut-Bands zur Feier des Tages auftrat. Wenn einem so etwas schon als spektakulärer Showevent verkauft werden soll, ist das ein weiterer Beleg dafür, dass irgendwie der Lack ab ist an Silvester.

Irgendwann stand ich dann doch noch irgendwo rum auf einer Party. Zur Stunde null gab es Rotkäppchensekt. Das war dann aber auch schon egal. Und es lief, obwohl es wirklich keine Ü-40-Party war und die Leute eigentlich ganz normal aussahen, „Männer“ von Herbert Grönemeyer zum Klirren der Sektgläser um Mitternacht. Auf dem Nachhauseweg wurde dann noch mit Böllern nach mir geworfen, und mit großer Wahrscheinlichkeit habe ich jetzt ein Knalltrauma. Nächstes Silvester fahre auch ich in ein Spa.

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