Andreas Bergmanns Chance: Die billige Lösung
Der Trainer von Hannover 96, Andreas Bergmann, hofft, dass er nicht nur eine Zwischenlösung ist.
Der Ruf aus der Fankurve galt nicht den Spielern, sondern ihrem Trainer. "Es macht mich stolz, wenn unsere Fans mit mir feiern wollen", sagte Andreas Bergmann. Der umjubelte 5:2-Heimsieg gegen den zuletzt starken Aufsteiger SC Freiburg scheint für ihn eine Trainerkarriere einzuleiten, die vor einem Monat kaum jemand für möglich gehalten hatte.
Beim FC St. Pauli war er auch schon einmal als Notnagel eingesprungen. In der 1. Liga aber ist der Mann ein Novize. Bergmann, der es als Amateurtrainer zuletzt gewohnt war, in Hannovers Arena vor rund 200 Zuschauern Regionalliga-Fußball zu verkaufen, kommt jetzt als dauerhafte Lösung fürs Profigeschäft in Frage. Mit seinem Grundgehalt von angeblich nur 250.000 Euro ist aus der Billiglösung eine Variante geworden, die sich schon jetzt bezahlt macht.
Sportdirektor Jörg Schmadtke hat vorsichtig signalisiert, dass aus der Interimslösung eine dauerhafte Beschäftigung werden kann. Der Ende August abgetretene Dieter Hecking ist erstaunlich schnell vergessen. Dass nur 28.412 Zuschauer gekommen waren, erinnerte die Verantwortlichen von 96 an ihre Sünden der Vergangenheit. Unter der Regie von Hecking war das Team trotz zumeist defensiv ausgerichteter Aufstellungen von einer Niederlage zur nächsten gereist. Bergmann findet aber an der Aufgabe als Verwalter des Mangels Spaß.
Mittelmaß bestraft der Zuschauer in Hannover gerne mit gnadenloser Nichtachtung und voreiligen Buhrufen. Weil von Bergmann wenig zu erwarten war, ist die Freude jetzt umso größer, wenn es etwas zu bejubeln gibt. Der neue Trainer geht auf Kumpeltour mit den Spielern. Statt im feinen Zwirn wagt er sich mit Sweatshirt und Dreitagebart ins Rampenlicht.
Es spricht für Bergmann, dass er im Stillen auf seine Chance hofft. "Ich weiß, wie schnelllebig dieses Geschäft ist", sagt der 50-Jährige. "Aber dass ich hier gefeiert werde und eventuell länger bleiben darf, lasse ich gerne an mich heran."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin