Analyse: Es bewegt sich doch
■ WorldCom kauft MCI und bringt den Telekommarkt durcheinander
Wenn der Aufsichtsrat von MCI, wie zu erwarten, dem Kauf zustimmt, katapultiert WorldCom-Chef Bernard Ebbers das Telekomunternehmen weltweit auf den zweiten Platz im Telekom- und Internet-Geschäft. 37 Milliarden Dollar wanderten über den Tisch für MCI. Noch nie wurde in den USA eine so hohe Summe für die Übernahme eines Betriebes bezahlt. WorldCom – seit zehn Jahren das Telekom-Unternehmen mit den besten Börsenergebnissen – ließ damit die Konkurrenten British Telecom (BT) und die US-amerikanische GTE hinter sich.
60 Prozent des Verkehrs auf den Datenautobahnen läuft über MCI-WorldCom. Mit einem erwarteten Jahresumsatz von 30 Milliarden Dollar stellt der Riese einen ernsthaften Konkurrenten für AT & T und für den stärksten Lokalanbieter GTE dar. 40 Firmen hat Ebbers seit der Gründung von WorldCom vor 14 Jahren zusammengekauft. Zuletzt erstand er die Infrastruktur von CompuServe, als American Online und Bertelsmann sich die Kundenliste des Internetpioniers einverleibten.
Des einen Freud, des anderen Leid: In der Londoner Zentrale der BT und bei der spanischen Telefónica reagieren die Vorstände nervös auf den Deal. Die europäischen Telefonkonzerne operierten unter dem Namen Concert mit MCI auf dem Weltmarkt. Das Joint-venture ist nun unsicher: Zwar soll Concert noch fünf Jahre den 3.200 Großkunden seine Dienste anbieten, doch kommen BT-Chef Ian Vallance und sein spanischer Kollege Juan Villalonga um eine Neuorientierung nicht herum. Vallance verkaufte sofort den 20-Prozent-Aktienanteil bei MCI für sieben Milliarden Dollar an WorldCom. Gleichzeitig kassierte BT 465 Millionen Dollar als Entschädigung für die durch MCI entstandenen Schäden. Mit dem Geld ausgerüstet dürfte es den Briten nicht schwer fallen, AT & T oder die GTE als Partner zu finden.
Anders sieht es für Telefónica aus, die bei Concert für Lateinamerika verantwortlich war. Zwar bekundeten sowohl MCI-WorldCom als auch BT Interesse an einer Zusammenarbeit; der Kursverfall der Telefónica-Aktie jedoch zeigt, daß die Investoren daran nicht glauben. WorldCom war bisher fast ausschließlich in den USA tätig. Ein Orientierungswechsel ist unwahrscheinlich, da nach der MCI-Übernahme Geld für einen Vorstoß auf neue Märkte fehlt. Die Briten sind ebenfalls unsichere Partner für Villalonga. Sollte BT sich tatsächlich AT & T nähern, könnte sie schnell zum Konkurrenten für Telefónica werden. AT & T gehört zum europäisch dominierten Verband Unisource. Telefónica ist erst im April dort ausgestiegen, um sich Concert und damit dem AT & T- Konkurrenten MCI anzudienen. Unisource investiert seither in den spanischen Zweitanbieter. Reiner Wandler
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen