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AnalyseDas Dilemma der FIS

■ Algeriens Islamisten gegen neutrale Untersuchungen der Massaker

Abdelkader Hachani, Nummer drei der verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS), hat sich gestern erstmals gegen eine internationale Untersuchung der Massaker in Algerien ausgesprochen. Als einen „Angriff auf die Souveränität des Landes“ tat er die Forderung von Menschenrechtsorganisationen, aber auch des U.S. State Departments ab. Hachani schließt sich damit der Argumentation der algerischen Regierung an. Die Äußerung verdeutlicht das Dilemma, in dem die Partei sechs Jahre nach ihrem Verbot steckt.

Der Meinungsumschwung bahnt sich seit letzten Herbst an, als der bewaffnete Arm der FIS, die Armee des Islamischen Heils (AIS), nach Verhandlungen mit der Militärspitze einen Waffenstillstand ausrief. „Die Verantwortlichen der barbarischen Verbrechen an der Zivilbevölkerung“ – die Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) – sollten isoliert werden. FIS und AIS hofften auf eine Aussöhnung mit den Herrschenden. Stimmen, die die GIA als vom Geheimdienst infiltrierte Banden bezeichneten, wurden leiser, ebenso die Forderung nach internationalem Eingreifen und unabhängigen Untersuchungen. Die Verteidigung der mühsam erworbenen Souveränität Algeriens, die den Militärs so wichtig ist, rückte auch in der FIS in den Vordergrund.

Die Islamisten hofften, daß Algeriens Machthaber fortan ihre Basis vor Massakern schützen würden. Doch weit gefehlt: Die Armee schaut weiter weg, wenn Hochburgen der FIS überfallen werden. Wurde die Untätigkeit bei den Massakern in Benthala und Rais als Versuch der Gegner eines Abkommens zwischen AIS und Militär, den Waffenstillstand zu verhindern, interpretiert, darf die fehlende militärische Initiative in den letzten Wochen als Provokation angesehen werden, damit die AIS wieder zu den Waffen greift.

Ein solcher Bruch der Waffenruhe würde die Bemühungen der FIS-Auslandsleitung, der Partei ein demokratisches Image zu geben, zunichte machen. Doch das Festhalten am Waffenstillstand und die damit verbundene Demobilisierung der AIS liefert genau jene Dörfer den GIA aus, deren Bewohner einst die FIS wählten und später der AIS Unterschlupf boten. Während die soziale Basis der FIS von Überfällen bedroht ist, hat die Regierung keine Eile, einen „Dialog zur nationalen Aussöhnung“ einzuleiten. Genau hier entdeckt Abdelkader Hachani wieder die internationale Gemeinschaft: „Der Westen verfügt über alle Mittel, um die Herrschenden zu einer gerechten Verhandlungslösung mit allen repräsentativen politischen Kräften des Landes zu bewegen.“ Das würde die Souveränität Algeriens nicht verletzen, versucht er die Regierung zu beschwichtigen, denn „diese Verhandlungen fänden in Algerien unter Algeriern statt“. Das Dilemma scheint gelöst. Reiner Wandler

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