Analyse: Das Wort hat die PLO
■ Die UNO wertet den Status der Palästinenserorganisation auf
Abstimmen darf sie noch nicht, aber ein Wörtchen mitreden, in allen Debatten. Und auch Anträge stellen. Die Aufwertung, die die UN-Vollversammlung der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO gewährt hat, gibt dieser mehr Rechte, als die Beobachterstaaten Schweiz und der Vatikan genießen. Die USA brüskierten einmal mehr lieber die Palästinenser als Israel und stimmten gegen die Resolution.
Von Bedeutung sind Zeitpunkt und Inhalt der Botschaft, die die Vollversammlung mit ihrer Entscheidung zum Ausdruck gebracht hat. Am 4. Mai 1999 läuft die Interimsperiode der Oslo-Abkommen ab. Dann wird Jassir Arafat den Staat Palästina erklären, und zwar einseitig. Die überwältigende Mehrheit der UN-Mitgliedsländer will eine Zweistaaten-Lösung und dürfte bereit sein, den palästinensischen Staat anzuerkennen. Die Aufwertung der PLO ist der Wink mit dem Zaunpfahl an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, endlich Fortschritte in den Verhandlungen zu erzielen. Seit nunmehr anderthalb Jahren hat sich im „Friedensprozeß“ nichts bewegt. Und noch immer zögert Netanjahu eine Entscheidung über den nächsten Teilrückzug hinaus.
Netanjahu hat den Beschluß der UN-Vollversammlung als „kosmetische Korrektur“ bezeichnet, ohne ernsthafte Konsequenzen. Wenn man Abstimmungen nicht gewinnen kann, dann spielt man ihre Bedeutung halt herunter. Im Zweifelsfall zieht in Israel auch immer noch das Argument vom „antiisraelischen Vorurteil der Weltgemeinschaft“. Israel hat so viele Verurteilungen durch die UNO und den Sicherheitsrat schadlos überstanden, daß man meinen könnte, auf eine mehr komme es nicht an. Aber hier ist ein praktischer Schritt erfolgt, der im Mai 1999 mit der Aufnahme Palästinas als Vollmitglied enden könnte. Dann hätte Arafat genau das getan, was Ben Gurion 1948 vorgemacht hat.
Die USA haben es sich sehr einfach gemacht. Die „falsche Entscheidung zum falschen Zeitpunkt“, lautete die Begründung für die Ablehnung. Wann denn „der richtige Zeitpunkt für eine richtige Entscheidung“ gekommen ist, auf diese Frage bleibt die US-Regierung die Antwort lieber schuldig. Das Votum der UN-Mehrheit ist auch eine indirekte Kritik an der US-Politik im Friedensprozeß. Die US-Regierung trifft selbst keine Entscheidungen, sondern überläßt diese den Verhandlungspartnern. Mit der unstrittigen Konsequenz, daß die Macht des Stärkeren siegt, nicht das Recht der Unterlegenen. Netanjahu kann im Mai 1999 die Palästinsergebiete abriegeln, als Antwort auf Arafats Staatserklärung. Aber ewig durchhalten kann er das nicht. Das hat sich noch nach jedem Hamas-Anschlag gezeigt. Er sollte die Botschaft annehmen: Einigung jetzt, statt Konfrontation später. Georg Baltissen
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