Analyse: Die kleine Freiheit
■ Laurent Kabila hebt im Kongo das Parteienverbot auf - ein bißchen
In der Demokratischen Republik Kongo ist ein wichtiger Schritt zur politischen Liberalisierung erfolgt. Präsident Laurent-Désiré Kabila verkündete am Sonntag, das seit seiner Machtergreifung im Mai 1997 geltende Verbot der Aktivitäten politischer Parteien sei aufgehoben.
Wie immer bei Kabila steckt jedoch der Teufel im Detail. Um aktiv zu werden, müssen sich die Parteien des Kongo neu beim Innenministerium registrieren lassen, und zwar zu Bedingungen, die je nach politischer Großwetterlage sehr restriktiv ausgelegt werden können. Jede Partei muß mindestens 150 Gründungsmitglieder aus allen kongolesischen Provinzen haben, und all diese Gründungsmitglieder müssen sich vom Generalstaatsanwalt ihre Unbescholtenheit bestätigen lassen. Sie müssen auch rein kongolesische Eltern haben, was in Anbetracht der jahrzehntealten Streitereien beispielsweise um die Nationalität der Nachkommen ruandischer Einwanderer Diskriminierungen garantiert.
Die Diskriminierungen werden noch einfacher, wenn die im Dezember veröffentlichte vorläufige Version des Parteiendekrets weiter gültig bleibt. Denn diese enthält einen langen Wertekatalog, an den sich Parteien halten sollen – von der „Konsolidierung der nationalen Einheit“ über die „Bewahrung der Souveränität des kongolesischen Staates“ und die „Bewahrung der nationalen Sicherheit und territorialen Integrität“ bis zur „Verpflichtung zur Demokratie im Respekt der nationalen Werte“. Wer das alles definiert und nach welchen Prinzipien, bleibt im Absolutismus kabilischer Prägung Geheimnis des Staates.
Es ist also nicht zu erwarten, daß Kongos Politiker jetzt vor dem Innenministerium begeistert Schlange stehen. In dem herrschenden Bürgerkrieg ist politische Liberalisierung ohnehin Fiktion. Das Liberalisierungsdekret soll vielmehr Kabilas Position in den laufenden internationalen Friedensbemühungen stärken. In allen bisherigen, nie fertig ausgehandelten Friedensabkommen wird die Regierung des Kongo – wer auch immer das ist – zur Demokratisierung verpflichtet. So befinden sich jetzt das Kabila-Regime wie auch die gegen ihn kämpfenden Rebellen in einem Demokratisierungswettlauf. Die Rebellenbewegung RCD verkündete letzte Woche die Bildung eines Parlaments mit Mitgliedern aus allen Landesteilen. Nun zieht Kabila auf seine Weise nach.
Es ist nicht ganz ausgeschlossen, daß irgendwann beide Kriegsparteien von ihren ausländischen Freunden zu so viel Liberalität gezwungen werden, daß sie mit dem Kämpfen aufhören und sich zur nationalen Versöhnung unter internationalem Applaus in die Arme fallen. Aber der Weg dahin ist noch weit, und Kabilas neues Dekret ist nicht dazu geeignet, das Mißtrauen gegen ihn zu zerstreuen. Dominic Johnson
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