piwik no script img

Anajo mit neuem Album "Drei"Ein schicker Zufall fällt vom Himmel

Mit ihrem neuen Album "Drei" findet die Augsburger Indiepopband Anajo zum klassischen Dreiminutensong. Die Texte sind reflektierter und nachdenklicher als ihre Vorgänger.

Drittes Album, drei Leute: Michael Schmidt (l.), Oliver Gottwald und Ingolf Nössner. Bild: promo

Einige der bekanntesten Songs in der Geschichte des Pop handeln von Hotels. Unvergessen ist Elvis Presleys "Heart Break Hotel", ein Klassiker "Hotel California" von den Eagles. Ein Ort, an dem unvorhergesehene Dinge passieren, "magisch", findet Olli, Frontmann der Augsburger Band Anajo.

Bewusst machte Anajo daher ein Hotel zum Schauplatz ihres neuen Videos für die Single "Meine Wege". Der Song ist eine Hommage an den Zufall. Wem wir begegnen, was wir erleben - alles passiert einfach so. Manche Wege kreuzen sich, andere nicht. Vor mehr als zehn Jahren trafen sich die Wege von Oliver Gottwald, Michael Schmidt und Ingolf Nössner. Seitdem macht das Trio mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und neuerdings Klavier Musik. Musik, die sich keinem Genre zuordnen lässt. Mal Pop, mal Indie, mal ein wenig Rock.

Im Clip zu "Meine Wege" spielt Olli einen Concièrge, der bei seiner Arbeit intime Einblicke in die Leben anderer erhält und zwangsläufig verschiedene Rollen einnehmen muss. Mal weint sich eine Witwe an seiner Schulter aus, ein andermal ist er den gemeinen Späßen mehrerer Kinder ausgesetzt. "Was für ein schicker Zufall, der da manchmal so vom Himmel fällt", singt Olli im Mittelteil des Songs. Genau so ist auch das Video entstanden. Es gab kein Drehbuch, keine genaue Szenerie, alles ist improvisiert. "Wir wussten nur, wir fahren in dieses Hotel in Berlin, alles andere haben wir total spontan gemacht", erzählt der Sänger.

Das Video wirkt dennoch sehr durchdacht, überhaupt hat das gesamte Album einen ernsthaft-nachdenklichen Charakter. Ungewöhnlich für eine Band, die für Gute-Laune-Musik mit leichten und lustigen Texten steht. 2004 erscheint Anajos Debütalbum "Nah bei mir" mit den Hits "Monika Tanzband" und "Honigmelone". Songs, die Olli zum Teil als "dadaistisch" beschreibt. Wofür die Honigmelone steht, weiß er selbst nicht mehr genau.

Ist im Grunde auch nicht wichtig, denn "bei solchen Liedern geht es um den schönen Klang der Worte. Was der Text genau bedeutet, bleibt dem Zuhörer überlassen." Selbst der Name der Band entstand irgendwie zufällig. Alle drei sind große Fans der Filme des italienischen Actionhelden Bud Spencer. Weil der Fernseher kaputt war, fielen bei der Titeleinblendung des Films "Banana Joe" einige Buchstaben weg. Ana Jo blieb übrig.

Nach "Nah bei mir" und "Hallo, wer kennt hier eigentlich wen?" ist "Drei" das dritte Studioalbum der Augsburger. Die Musik knüpft an die Vorgängeralben an. "Mädchenmusik" und "Decke auf den Kopf" sind typische Anajo-Songs: eingängige Melodien, harmonischer Gitarrensound, dazu die leicht schräge Stimme von Frontmann Olli. Die Texte des neuen Albums aber sind reflektierter und nachdenklicher als ihre Vorgänger. Fast schon als melancholisch könnte man den "Mann auf dem Mond" bezeichnen. "Der hatte alles und noch mehr, dann kam er zurück, und die Welt gab nichts mehr her", singt Olli. Eine Metapher für eine Situation, die jedem bekannt ist: "Du hast etwas Großartiges erlebt, und Knall auf Fall kommst du auf den Boden der Tatsachen zurück und fragst dich: Was soll das alles überhaupt noch?".

Passend zu den nachdenklicheren Texten ist auch die Musik ruhiger geworden. Es gibt fast keine elektronischen Hilfsmittel, dafür mehr Gitarre und Klavier. Auch der Titel des Albums ist weniger spektakulär, als die vorherigen es waren. Kurz sollte er sein und alles auf einen Punkt bringen. Insofern ist "Drei" passend. "Es ist unser drittes Album, wir sind drei Leute" und, wie Olli betont: "Drei ist die magischste Zahl aller Zahlen."

Nicht nur Anajos Texte sind tiefgründiger geworden, auch die Band selbst wirkt reifer. Vorbei sind die Zeiten, in denen sie ständig verschliefen und im Hotel von der Putzfrau geweckt werden mussten. Am Mittwoch startet die Tour zum neuen Album. Ganz von allein werden sich dabei manche Wege kreuzen, manche nicht. Man wird sehen, welche schicken Zufälle dann vom Himmel fallen könnten.

Anajo: "Drei" (Tapete Records/Indigo). Tourdaten: 2. 3. Frankfurt, Das Bett; 4. 3. Hamburg, Knust; 6. 3. Köln, Subway; 12. 3. Berlin, Festsaal Kreuzberg

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!