: An Fatimas Hand durch Tunesien
■ Ausstellung im Übersee-Museum zeigt Land, Geschichte und Wasserknappheit
Ruhige, großformatige Schwarzweißfotos führen in die Tunesien- Ausstellung im Übersee-Museum ein: hohe geschwungene Bögen, Moscheekuppeln und sanfte Sanddünenwellen. Die Bilder von Ursula Didoni zeigen Architektur und fast menschenleere Landschaften. „Keine Ablenkung durch Menschen“ wollte Helke Kammerer-Grothaus, die Organisatorin der Ausstellung. Nichts schmälert die Konzentration auf „Wasser, Wüste, Weiten Süden“.
Die Hand der Fatima, ein altes tunesisches Symbol, weist im ersten Stock des Museumsgebäudes den Weg nach Tunesien. Er führt vorbei an einem orientalischen Puppenstubenbasar, ausgestopften Mendes-Antilopen und Wüstenfüchsen, durch Alt-Ägypten und durch die Sahara. Dioramen — Schaukästen mit Landschaftsnachbildungen und Tieren — stimmen ein auf nordafrikanische Wüstenlandschaft.
Schließlich durchquert die Besucherin einen großen, weißen Rundbogen. Wasser sprudelt, eine Ahnung von arabischer Musik liegt in der Luft. Zur Rechten öffnet sich ein weißer Kubus mit Zeltdach: „Die Abstraktion eines nomadischen Zeltes“, erklärt die Ausstellungsmacherin. Umgeben ist die Zelt-Abstraktion von papierenen, silbergrauen Dattelpalmen: Ein Bremer Künstler hat die abstrakten Palmwedel eigens für die Ausstellung angefertigt.
Versteinerte Straußeneierschalen, Schneckenhäuser und prähistorische Werkzeugfunde vom Rande der Wüste sind in einem Glaskasten aufgereiht und zeugen von früher Zivilisation im Norden Afrikas. Den alten Griechen galt die nordafrikanische Landschaft als mythischer, paradiesisch-fruchtbarer „Garten der Hesperiden“, in dem die „Äpfel des ewigen Lebens“ reiften.
Die Geschichte Tunesiens beginnt mit der Seemacht Karthago, manchen noch aus dem ungeliebten Lateinunterricht bekannt. Auf die seefahrenden Phönizier folgten die aquäduktbauenden Römer: Sie legten Wasserleitungen und bauten sich mit Mosaiken ausgelegte Wasserbecken (Impluvien) in die Innenhöfe. Auch für die Moslems, die Nordafrika im siebten Jahrhundert eroberten, gehörten wasserreiche Gärten zur Vorstellung vom Paradies. Ihre Baumeister waren berühmt für ihre Wasserspiele und Bewässerungssysteme.
„Uns hat vor allem die technische Seite interessiert“, sagt Helke Kammerer-Grothaus und deutet auf Bruchstücke antiker Rohrleitungen und Schöpfgefäße. Ziel der Ausstellungsmacherin war, zu zeigen, wie eng die Geschichte der heutigen Wüstenlandschaft Tunesiens mit dem Wasser verknüpft ist. Ein gelehrtes und ambitioniertes Projekt, an dem sie eineinhalb Jahre gearbeitet hat: Nicht nur die Oasenbewirtschaftung in einem wasserarmen Land wird gezeigt, auch der Umgang mit Wasser in den modernen Industrieländern wird thematisiert. 150 Liter Mineralwasser stapeln sich in Kästen an einer Wand: Die Menge, die ein durchschnittlicher Mensch Tag für Tag durch Dusche, Klo und Waschmaschine jagt. Die Stadtwerke führen vor, wie dem Bremer Leitungswasser Eisen und Mangan entzogen wird, und eine Firma aus Stuhr stellt ein Gerät aus, das die Ölkonzentration im Wasser mißt. „Wir wollten keine reine kulturhistorische Ausstellung machen und nur schöne Dinge zeigen.“
Die „schönen Dinge“ wie Badeschuhe, Gewänder und tunesischer Schmuck, ziehen natürlich erst einmal die Blicke auf sich. Hier stößt die Ausstellung an ihre natürlichen Grenzen: Was die Bremer Zinkbadewanne und das Wasserwirtschaftsamt mit den artesischen Brunnen in tunesischen Mittelmeer-Oasen zu tun haben, wird durch die Ausstellung auch nicht einsichtiger. Der „pädagogische Teil“ mit Klima-Karten, Schrifttafeln von Greenpeace und den Projekten, die die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit in Tunesien betreut, ist in die hintere Ecke verbannt. Leicht zu übergehen. Und leicht überliest man auch, daß die Tunesier gerade dabei sind, sich durch die Erschließung der Wüste und der Oasen für den Tourismus, selbst das Wasser abzugraben. Diemut Roether
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