Amtsantritt des Präsidenten in Guatemala: Versöhnung mit martialischen Mitteln
Ex-Geheimdienstchef Otto Pérez Molina beruft in seine neue Regierung vor allem Militärs mit berüchtigter Vergangenheit. Die sollen die Kriminalität beenden.
SAN SALVADOR taz | Er habe zunächst daran gedacht, die Präsidentenschärpe in militärischer Galauniform zu empfangen, sagt Otto Pérez Molina. Aber dann habe er sich doch entschlossen, "unnötige Konfrontationen" zu vermeiden und so kam der General im Ruhestand am Samstag im schwarzen Anzug, weißen Hemd und mit himmelblauer Seidenkrawatte zu seiner Amtseinführung als Präsident Guatemalas. Er war am 6. November 2011 in der Stichwahl mit rund 54 Prozent der Stimmen gewählt worden.
Auch im Wahlkampf hatte der 61-Jährige solche "unnötigen Konfrontationen" vermieden und seine dunkle Vergangenheit als Geheimdienstchef der Armee während des Bürgerkriegs hinter einer moderaten Sprache versteckt. Jetzt, da er an der Macht ist, kehrt er sie langsam wieder hervor.
Bei seiner Antrittsrede sprach er zwar noch immer von Versöhnung, die aber will er mit martialischen Mitteln erzwingen. Seine militärische Erfahrung werde ihm helfen, der Kriminalität ein Ende zu setzen. Er werde "kein Opfer scheuen" und "mit harter Hand" vorgehen, versprach er.
Die Ministerrunde, die er dazu um sich versammelt, gleicht eher einem Generalstab denn einem zivilen Sicherheitskabinett: Der Präsident hat den Rang eines Generals, genauso sein Verteidigungsminister Ulises Noé Anzueto. Innenminister Héctor Mauricio López ist Oberstleutnant. Anzueto wird genauso wie Pérez Molina mit dem Verschwindenlassen von Oppositionellen, mit Folter und mit Massakern in Verbindung gebracht.
Die drei kennen sich von früher: Sie waren Kämpfer der so genannten Kaibiles, einer Eliteeinheit der guatemaltekischen Armee. Kaibil ist ein Wort aus der Maya-Sprache Quiché und bedeutet "der die Kraft zweier Tiger hat". Die Schule dieser Spezialtruppe war 1974 mit der Unterstützung der "School of the Americas" aufgebaut worden, eines Trainingszentrums, das damals von der US-Armee in Panamá unterhalten worden war.
Aufgabe für alte Waffenbrüder
Spätere Diktatoren wie der Chilene Augusto Pinochet haben sie genauso besucht wie Otto Pérez Molina. Wahlspruch der Kaibiles ist bis heute: "Wenn ich voranschreite, folge mir. Wenn ich stehen bleibe, dränge mich weiter. Wenn ich zurückweiche, töte mich."
Im Bürgerkrieg war die Einheit für ihre Fähigkeiten im Dschungelkrieg berühmt und für die vielen an der Zivilbevölkerung begangenen Massaker berüchtigt. Pérez Molina hat die Elitetruppe zuletzt vor einem Monat besucht, als dort zwei Kaibiles zu Generälen befördert wurden. Die werden in Zukunft im Auftrag des Präsidenten den Generalstab der Armee leiten.
Damals schon wurde der Noch-nicht-Präsident mit den Worten "Zu Ihren Diensten, Präsident Kaibil!" begrüßt. Beim anschließenden Empfang gab er freundlich zurück: "Meine militärische Herkunft und die Ehre, ein Kaibil zu sein, trage ich immer im Herzen."
Der neue Staatschef hat eine Aufgabe für seine alten Waffenbrüder. Nachdem die schon vorher horrende Gewaltkriminalität in den vergangenen Jahren durch das Einsickern mexikanischer Drogenkartelle noch weiter zugenommen hat, will Pérez Molina die Eliteeinheit in die Schlacht gegen die Kokain-Mafias schicken. Niemand sei besser darauf vorbereitet, dem organisierten Verbrechen die Stirn zu bieten.
Im Grenzgebiet zu Mexiko wüten vor allem die Zetas, das blutrünstigste aller Kartelle der Region. Es ist noch kein halbes Jahr her, dass sechs Kaibiles verhaftet wurden, die zu eben diesen Zetas übergelaufen waren. Von ihnen weiß man, dass das schon viele getan haben. Mitglieder der guatemaltekischen Elitetruppe werden von der mexikanischen Drogen- und Killerbande vor allem wegen ihrer strategischen Kenntnisse und ihrer Fähigkeiten im Umgang mit Sprengstoff geschätzt. Kaibiles werden also im Norden von Guatemala demnächst Kaibiles gegenüberstehen.
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