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Amoklauf im US-KinoDer rätselhafte Täter von Denver

Der Amokläufer von Denver hatte seine Tat offenbar genau geplant: Waffen und Munition hatte er vor Monaten gekauft, seine Wohnung mit Sprengsätzen präpariert. Die Polizei rätselt.

Trauernde legen Blumen für die Opfer des Amoklaufs nieder. Bild: reuters

WASHINGTON/DENVER dpa | Nach dem Kino-Massaker von Colorado wird über das Motiv des Amokläufers gerätselt. Offensichtlich hatte der 24 Jahre alte James H. seine Tat von langer Hand vorbereitet: Waffen, massenhaft Munition und schusssichere Spezialkleidung, die er bei dem Blutbad mit 12 Toten nutzte, hatte er in den vergangenen Monaten ganz legal erworben, seine Wohnung in Aurora bei Denver mit Sprengfallen präpariert, bevor er in der Nacht zum Freitag in der Mitternachtspremiere des Batman-Film „The Dark Knight Rises“ wahllos das Feuer auf die Kinobesucher eröffnete.

30 der insgesamt 58 Verletzten wurden nach Angaben des Gouverneurs von Colorado, John Hickenlooper, am Freitagabend (Ortszeit) noch in Krankenhäusern behandelt. 11 befänden sich in kritischem Zustand. Nach Einschätzung der Polizei handelte der Student der Neurowissenschaften allein. Der 24-Jährige sei der Polizei zuvor nicht bekannt gewesen, er hatte keine Vorstrafen. Am Montag soll H. erstmals vor Gericht erscheinen.

Er habe die Waffen und Munition offensichtlich ganz legal erworben, sagte Auroras Polizeichef Dan Oates laut dem Sender CNN. Allein 6.000 Schuss Munition habe er im Internet gekauft. Während der Tat habe er eine Faustfeuerwaffe, ein halbautomatisches Sturmgewehr und ein Schrotgewehr benutzt, berichteten US-Medien. Außerdem habe man in seinem Auto eine weitere Pistole gefunden.

Angesichts des bei der Tat benutzten Waffenarsenals appellierte New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg an Präsident Barack Obama und dessen republikanischen Herausforderer, Mitt Romney, die Waffengesetze zu verschärfen. Obama und Romney verzichteten am Freitag wegen des Massakers auf geplante Wahlkampfreden und gedachten stattdessen der Opfer.

Kopfzerbrechen bereitete den Ermittlern die mit Sprengsätzen präparierte Wohnung des Amokschützen. Sicherheitshalber wurden neben dem Wohnhaus des Täters auch vier umliegende Apartmenthäuser evakuiert. Die komplizierte Konstruktion aus Sprengstoff und entzündlichen chemischen Substanzen beschrieb Polizeichef Oates als etwas, „was wir noch nie gesehen haben“. „Es gibt eine Menge Drähte“, sagte er. Frühestens im Laufe des Samstags könnten Experten die Wohnung betreten. Auch der Einsatz von Spezialrobotern war im Gespräch.

Verschärfte Sicherheit in Kinos

In den US-Kinos wurden nach den tödlichen Schüssen die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Die zweitgrößte Kinokette AMC teilte mit, dass es bis auf weiteres in ihren Häusern nicht erlaubt sei, Gesichtsmasken zu tragen oder Spielzeugwaffen mitzubringen. Vor allem Fans von Comic-Verfilmungen verkleiden sich gern wie ihre Leinwandhelden.

Zum Batman-Filmstart in Deutschland in der kommenden soll auch das Sicherheitspersonal der Kinokette Cinemaxx mehr Präsenz zeigen. Wenn zu einem neuen Film viele Besucher erwartet werden, postiere das Unternehmen ohnehin Sicherheitskräfte in den Kinos, sagte Cinemaxx-Sprecher Arne Schmidt der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Batman-Regisseur Christopher Nolan brachte seine „tiefe Trauer“ über das Blutbad zum Ausdruck. In einer Mitteilung im Namen der Schauspieler und Mitwirkenden von „The Dark Knight Rises“ sprach der britische-amerikanische Regisseur von einer „sinnlosen Tragödie“, wie das US-Branchenblatt Hollywood Reporter berichtete. „Das Kino ist mein zu Hause. Die Vorstellung, dass jemand diesen unschuldigen und erwartungsvollen Ort derart brutal entweiht, ist einfach verheerend“, führte Nolan weiter aus. Er sprach den Opfern und ihren Familien seine Anteilnahme aus.

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5 Kommentare

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  • K
    Karl

    @ Perteck

     

    Im wahrsten Sinne "den Schuss nicht gehört"?!

     

    Hübscher "rant" mit allen wichtigen Schlagworten, aber grotesk realitätsfern.

     

    Wenn ich mir das ansehe:

     

    http://www.9news.com/news/local/article/278957/222/WATCH-Explosive-material-detonated

     

    Warum hat der Täter überhaupt geschossen?

     

    Betrachtet man die Auswirkungen, kommt man unweigerlich zu dem Schluss das die Verwendung von Schusswaffen bei der Tatbegehung nicht sehr aufwandswirksam war.

     

    Man kann auch formulieren: "gut das der Täter auf relativ unwirksame Schusswaffen fixiert war und seien USBV nicht im Kino gezündet hat"

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • DP
    David Perteck

    Das schockierende Schusswaffen-Massaker bei Denver zeigt einmal mehr, welche Gefahr nicht nur von vermeintlichen psychopathischen Einzeltätern, sondern letztlich in erster Linie von der völlig skrupellosen Waffenindustrie und ihrer zahlungskräftigen Lobby in der Politik ausgeht. Nicht erst seit den Amokläufen von Erfurt und Winnenden, der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds und dem rechtsextremen Massenmord in Norwegen wissen wir auch in Deutschland und Europa, dass ein absolutes Verbot des Schusswaffenbesitzes für Privatpersonen notwendig ist.

     

    Ebenso müssen im Übrigen auch die Waffenproduktion und die Waffenexporte aus Deutschland in alle Welt, bekanntlich auch in Kriegs- und Krisenregionen und an Diktatoren, sofort und nachhaltig verboten werden. Mindestens genauso erschreckend wie die blutigen Amokläufe, Massaker und Mordanschläge mit Schusswaffen ist deshalb, dass die Regierungen und etablierten Parteien die Spenden und Wählerstimmen aus der Waffenlobby und von kriminellen Waffenproduzenten höher gewichten als unzählige Menschenleben.

  • K
    Karl

    30 Sprengfallen in der Wohnung?

     

    Warum hat sich der Täter noch Schusswaffen verschafft?

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • O
    Ossi

    Wenn in den USA ein Psycho 12 Menschen ermordet berichten die deutschen Medien zurecht auf allen Kanälen. Home-Story der Ofer etc. Natürlich ist klar wer schuld ist: Die Amis und ihre Waffengesetze. 6000 Schuß bestellt-unfassbar. Natürlich kann man sich in jedem Land Europas 6000 Schuß bestellen und an eine Waffe kommt man legal oder illegal sowieso. Wenn allerdings in Bulgarien ein Mann Menschen mit einer Bombe tötet, dann verschwindet die Nachricht raketenartig aus den Medien. Wenn in Kreuzberg ein Mann seiner Frau mit Allah u akbar den Kof abschneidet ist es eine Lokalnachricht. Bilder der von Islamisten ermordeten Kinder von Toulouse suchte man vergeblich in den Einheitsmedien, so wie Multikultiofer nur als Zahlen auftauchen und das auch nur solange die Statistik gebogen und umebenannt werden kann. Ursachen will man gar nicht wissen oder es ist gleich die Schuld der Opfer, je nachdem wie dogmatisch der Autor ist. Es gibt eben Tote und Tote. Mord und Mord. Politisch passen muß es halt, ganz wie früher. Informieren kann man sich wie in der DDR nur noch im Ausland. Zum Glück gibt es das Internet, das West-Tv von heute. Der Rest sind nachrichten wie vor der Wende, nur eben in 68er Neusprech.

  • S
    Stacheldrahtfreiheit

    Natürlich kommt niemand auf die Idee, daß Hollywood Schuld ist. Genau wie Alkis angeblich selber Schuld sind und nicht ihre Dealer.