piwik no script img

American PieEinfach besser

NBADie Cleveland Cavaliers sind das derzeit überragende Team der NBA-Playoffs. Seit der Rückkehr von LeBron James ist das große Ziel die Meisterschaft

Es ist unfassbar, was sie gerade alles treffen“, lobte Craig Ehlo die Cleveland Cavaliers. Der heute 54-Jährige war von 1986 bis 1993 für die Mannschaft aktiv und ist bis heute berühmt für eine Szene: NBA-Ikone Michael Jordan trifft 1989 in der Playoff-Serie in allerletzter Sekunde für die Chicago Bulls; Ehlo ist verewigt als hilfloser Gegenspieler von Jordan. Vergangenen Samstag jährte sich die Szene, „The Shot“ genannt, zum 27. Mal, und noch nie standen die Chancen so gut, die Schmach endgültig vergessen zu machen.

Die Cavs 2016 pflügen durch die Playoffs, sind als einziges Team noch ungeschlagen. Am Sonntag zog die Mannschaft in die Conference Finals, also ins Halbfinale ein. Das knappe 100:99 gegen die weitgehend chancenlosen Atlanta Hawks mit dem deutschen Talent Dennis Schröder war eine erneute Demonstration der Stärke. Die Cavaliers sind in den Playoffs zum stärksten Distanzwurf-Team geworden.

„Ich sehe mir Aufzeichnungen der Spiele an, und ich finde einfach keine schwerwiegenden Fehler in unserer Verteidigung“, sagte Hawks-Trainer Mike Budenholzer nach dem Aus, „sie schlagen uns einfach“. Beim 123:98 in Spiel zwei der Serie vergangene Woche hatten die Cavaliers 25 Dreipunktewürfe getroffen und damit einen neuen Playoff-Rekord aufgestellt. Noch nie zuvor hatte ein Team mindestens 15 Dreier in vier Spielen hintereinander (insgesamt 77) verwandelt. Plötzlich wird der Mannschaft sogar zugetraut, eine Gefahr für die Golden State Warriors zu sein. „Wir haben unseren Rhythmus gefunden und wissen genau, wo wir auf dem Court stehen“, sagte Cavs-Kapitän LeBron James.

Die Warriors mögen der alles überragende Titelverteidiger sein, die San Antonio Spurs ein fast ebenso gutes Team, die Cavs jedoch haben einen starken Antrieb. Seit James 2014 zu den Cavaliers zurückgekehrt ist, gilt alles außer der Meisterschaft als Enttäuschung. Der nur wenige Kilometer von Cleveland entfernt geborene Star spielte bereits von 2003 bis 2010 für die Kavaliere, trug die Mannschaft 2007 schon ins Finale. Dann folgte ein vierjähriges Gastspiel bei den Miami Heat, die er zu zwei Meistertiteln führte.

Im zweiten Anlauf soll nun alles anders werden. Bereits in der vergangenen Saison trug James – nach Verletzungen der beiden anderen wichtigsten Spieler Kyrie Irving und Love – die Cavaliers im Alleingang bis ins Finale, dort reichten aber tolle Leistungen des Vorspielers gegen die noch tolleren Warriors nicht aus. „All in 216“ ist nun im Folgejahr das allgegenwärtige Motto, auf T-Shirts und Plakaten. Dabei verlief die reguläre Saison trotz der ligaweit drittbesten Bilanz unruhig. Trainer David Blatt wurde im Januar nach nur knapp anderthalb Spielzeiten entlassen – nach einer nicht enden wollenden Spekulationslawine über Verstimmungen zwischen Coach und Mannschaft, insbesondere zwischen Coach und James. Der bisherige Assistenztrainer Tyronn Lue übernahm. Es hieß schon lange, dass der ehemalige Spieler bei den Cavs-Akteuren weitaus besser gelitten sei. „Er hat keine Angst vor seinen Spielern, spricht Klartext, und das kommt an“, heißt es aus dem Cavaliers-Umfeld zum 39-Jährigen.

„Ich glaube, in diesem Jahr hat Cleveland eine richtig gute Chance, den Titel zu gewinnen“, sagte Veteran Ehlo dem US-Sportsender ESPN im Interview am Montag. „Ich habe schon jetzt Mitleid mit den kommenden Gegnern.“ Und die Erinnerung an „The Shot“ würde vielleicht etwas mehr verblassen. David Digili

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen