piwik no script img

American PieSchluss mit lustig!

Na bitte, geht doch: Owusu (l.), Ballfänger der Jets Foto: USA TodaySports

Football Die New York Jets, die einstige Lachnummer der NFL, überraschen mit einem historisch guten Saisonstart

In einer der vielen Hymnen auf New York heißt es: „Big city of dreams / And everything in New York ain’t always what it seems.“ Als Grandmaster Flash & the Furious Five 1983 das Lied auf ihre Heimatstadt veröffentlichten, hatten sie kein dort ansässiges Football-Team im Blick. Gut drei Jahrzehnte später aber passen die Zeilen perfekt auf die New York Jets: In New York ist nicht alles, wie es scheint, und die New York Jets, vor wenigen Wochen noch die Lachnummer der National Football League (NFL), haben die Saison mit zwei Überraschungssiegen begonnen.

Der vorerst letzte Coup gelang dem Außenseiter in der Nacht zu Dienstag auf denkbar großer Bühne. Zum „Monday Night Football“ sitzt die halbe USA auf der heimischen Couch oder in der Sportsbar. Die Millionen vor den Schirmen waren ebenso erstaunt wie die 65.000 im Stadion in Indianapolis: 20:7 gewannen die Jets bei den Colts, die als Halbfinalist des Vorjahres als großer Favorit in die Partie gegangen waren.

So gut sind die Jets ewig nicht gestartet. Tatsächlich ist das Team so etwas wie der Hamburger SV der NFL: ein Klub mit großer Vergangenheit und einer ernüchternden Gegenwart. Ein Klub, der immer wieder scheitert an den eigenen Ansprüchen und denen der Öffentlichkeit. Und nicht zuletzt ein Klub, der von immer neuen Skandalen erschüttert wird. Seit 47 Jahren, seit der sensationell gewonnenen Super Bowl von 1969, wartet die „Green Gang“ auf einen Titel. Stattdessen haben sich Affären angesammelt wie bei keiner anderen NFL-Franchise.

Die vorerst letzte Episode: Kurz vor Saisonstart brach sich Quarterback Geno Smith den Kiefer und fällt bis zu zehn Wochen aus. Die Verletzung passierte nicht in einem Testspiel oder im Training, sondern in der Kabine. Smith war im Streit von Ersatzverteidiger Ikemefuna Enemkpali wegen 600 Dollar Schulden ins Gesicht geschlagen worden.

Nicht nur dass die Jets nun auf ihren besten Quarterback verzichten mussten. Nicht nur dass selbst die Befähigung von Smith umstritten ist und nun Ryan Fitzpatrick zum Einsatz kommt. Nun mussten die Jets auch noch die Häme der Presse ertragen, die die alten Geschichten ausgrub. Sie handeln von Quarterback Mark Sanchez, der den Ball verlor, weil das Hinterteil eines Mitspielers im Weg war. Von Cheftrainer Bill Belichick, der nach dem ersten Tag im Dienst wieder hinschmiss, um anschließend die New England Patriots zur erfolgreichsten Mannschaft der Gegenwart aufzubauen. Von einem anderen Chefcoach, Rex Ryan, der kommentieren musste, ob auf Fußfetisch-Fotos aus dem Internet er und seine Frau abgebildet wären. Vom Starverteidiger Sheldon Richardson, der – obschon bereits gesperrt wegen Doping – erwischt wurde mit 220 Stundenkilometern und einer geladenen Waffe unter dem Fahrersitz. Auch Geno Smith hat vor seinem gebrochenen Kiefer bereits zur Jets-Folklore beigetragen: Er legte sich mit einem Fan an und wurde zu einer 12.000- Dollar-Geldstrafe verdonnert.

Nun aber sind die Jets guter Dinge. Vorerst. „Das hat Spaß gemacht“, sagte Darrelle Revis nach dem Sieg in Indianapolis. Vorerst dürfen die Fans in der City of Dreams weiterträumen. Thomas Winkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen