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American PieScottie Pippen will nicht mehr

■ Die Probleme des NBA-Champions Chicago Bulls werden größer

No verdict was returned

Nach zwei Siegen in Folge und einer Bilanz von 8:5 nach 13 Saisonspielen stellt sich die Situation des Meisters Chicago Bulls etwas entspannter dar als zuvor. Der Schein trügt jedoch. Um die Los Angeles Clippers und die Sacramento Kings zu schlagen – zwei Mannschaften, die es bisher zusammen auf fünf Saisonsiege gebracht haben –, benötigten die Bulls einen fast übermenschlichen Michael Jordan, der am Montag prompt zum „Spieler der Woche“ in der NBA gewählt wurde. In drei Spielen hatte er durchschnittlich 37,3 Punkte, 4,7 Rebounds und 4,3 Assists geschafft.

Daß er solche Leistungen nicht immer bringen kann, zeigten die Spiele zuvor, als Chicago fünf zum Teil verheerende Niederlagen kassierten und Jordan mit 24 Punkten im Schnitt und einer Trefferquote von 38 Prozent (nur 8 Prozent bei Dreipunktwürfen) den schlechtesten Saisonstart seiner Karriere hatte. Der verletzte Scottie Pippen fehlt den Bulls an allen Ecken und Enden, Dennis Rodman hat oft keine richtige Lust, und die anderen Spieler sind, außer Center Luc Longley, weit von ihrer Bestform entfernt. In solchen Situationen neigt Jordan dazu, alles allein zu machen, was den Gegnern ermöglicht, sich fast ausschließlich auf ihn zu konzentrieren. So war es früher, als die Bulls nur aus Jordan bestanden und regelmäßig in den Play-offs ausschieden, meist gegen die Detroit Pistons. „Einige der Detroit-Erinnerungen kommen zurück“, gibt Jordan zu. Damals wehrte er sich mit spektakulären Zügen zum Korb und krachenden Dunks, inzwischen ist der 34jährige jedoch zum Jump- Shooter geworden. Da er meist von zwei oder drei Verteidigern bedrängt wird, kommt er jedoch oft in schwierige Wurfpositionen. „Wenn es so weiter geht, wirft er bald von der Mittellinie“, spottete The Sporting News.

Höchste Zeit also, daß Pippen zurückkehrt, aber der hatte am Sonntag einen Schock für seinen Klub bereit. „Ich komme nicht wieder“, sagte der 32jährige, „ich will nach Phoenix oder L.A.“ Pippens Abschied von den Bulls nach dieser Saison ist beschlossene Sache, seine Eile begründet er vor allem damit, daß er über Manager Jerry Krause verärgert ist. Dieser wollte ihn im Sommer nicht nur loswerden, sondern verbot ihm auch, bei einem von Pippen selbst organisierten Wohltätigkeitsspiel mitzuwirken. „Er sagte, er würde mir eine Geldstrafe aufbrummen“, echauffiert sich Pippen noch heute, „könnt ihr das glauben?“

Die Bulls spielten die Sache erst mal herunter. „Ich glaube, es war nur ein Scherz“, hofft Coach Phil Jackson, und Jordan erklärte: „Ich lasse mich von nichts mehr schockieren.“ Die Konkurrenten jedenfalls wären hocherfreut, wenn Pippen seine Drohung wahrmacht. Sie haben die Bulls trotz ihres wenig beeindruckenden Starts keineswegs abgeschrieben. „Und wenn sie 40 Spiele verlieren“, sagt Chris Webber von den Washington Wizards, „sie sind die Art Team, das in die Play-offs kommt und alles gewinnt.“ Matti Lieske

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