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American PieDrinks inklusive

■ Die Mormonenstadt Salt Lake City wähnt sich bestens vorbereitet auf Olympia 2002

He was singing: Bye, bye,

Miss American Pie

Ob der gewöhnliche amerikanische Sportsfreund es gebührend schätzen wird, daß 2002 im eigenen Land – genauer: in Salt Lake City/Utah – Olympische Winterspiele stattfinden, weiß Frank Joklik nicht. Und es dürfte ihm auch ziemlich egal sein. Der Chef im Organisationskomitee der Salt-Lake- Spiele (SLOC) hat zuviel zu tun, als daß er sich über die große Zahl der Wintersportlaien in den USA den Kopf zerbrechen könnte. Außerdem möchte er sich nicht die Laune verderben, die derzeit prächtig ist, weil die aufwendige Vorbereitungsarbeit auf Olympia vollends nach Plan läuft. Drei Jahre und drei Monate vor der großen Fete verkündet Joklik: „Wir sind schon gut in Form.“ Und er hat Beweise. Elf Testwettkämpfe finden in diesem Winter schon auf olympischen Anlagen statt; der erste, der Ski-Weltcup in Park City, ist erst am Wochenende erfolgreich über die Bühne gegangen.

Es ist beachtlich, wieviel schon steht von den Olympia- Stätten. Nur drei Projekte sind noch im Bau: Im Utah Winter Sports Park nahe Park City werden bis Sommer 2000 Klein- und Großschanze hochgezogen. Das Langlauf- und Biathlonstadion nahe Heber City soll bis Herbst 2000 fertig sein. Und in Kearns wird ab April gebaut, damit die Eisschnellaufbahn im Quirrh Parc Oval bis Herbst 2000 ihr Dach hat.

In der Tat wirkt Salt Lake City wie geschaffen für die Spiele. Die größte Stadt, in der je Winter-Olympia stattgefunden hat, wird das Zentrum sein, von dem aus Athleten, Zuschauer und Journalisten zum entferntesten Wettkampf nicht länger als eine Stunde fahren müssen. Und in den Funktionären des SLOC stehen Leute für das Unternehmen ein, die alles tun, um auch die letzten Nörgler im Staate zu überzeugen, daß Olympia etwas Gutes ist.

Niemand soll um die Landschaft Utahs bangen. Im Basisplan des SLOC steht deshalb: „Das SLOC widmet sich dem Schutz und der Förderung der Umwelt.“ Niemand soll fürchten, daß Olympia 2002 ein reines Kommerzspektakel wird wie Olympia 1996 in Atlanta. „Wir arbeiten daran, einer Atmosphäre der Überkommerzialisierung vorzubeugen“, sagt Frank Zang, Leiter der Presseabteilung.

Vor allem aber liegt dem SLOC am Herzen, daß die Menschen in Utah nichts draufzahlen müssen. Umfragen lokaler Zeitungen haben zwar 65 Prozent Zustimmung ergeben in der Bevölkerung. Aber es sind eben immer noch zu viele, die nicht einsehen, warum in ihrer Gegend, die innerhalb von zehn Jahren ohnehin schon mächtig an Wirtschaftskraft und Menschen zugelegt hat, nun Olympia halt machen soll, das die Expansion noch beschleunigen wird. Sie sollen nicht wegen Steuererhöhungen zusätzlich in Rage geraten. Das Budget der Spiele von 1,45 Milliarden Dollar (rund 2,2 Milliarden Mark) deckt das SLOC deshalb allein, vor allem mit Fernsehgeldern, Sponsoing, Merchandising und Ticketverkauf – das Organisationskomitee von Nagano 1998 glich nur eine Milliarde Dollar selbst aus, 500 Millionen spendierte die japanische Regierung.

Mancher Außenstehende blickt indes mit ganz anderen Sorgen nach Salt Lake City. Weil in Utah die Kirche der Mormonen die Gesetzgebung mitbestimmt hat, ist hier Alkohol offiziell verboten – das könnte manchen internationalen Olympia-Besucher verärgern. Aber auch das ist so ein Problem, das Joklik nicht sonderlich beschäftigt. Schließlich gebe es Clubs mit Sondergenehmigungen, in die sich jeder Sauflustige einkaufen kann. „Ich sag' immer“, sagt Joklik, „wer in Utah keinen Drink bekommen hat, ist nicht durstig gewesen.“ Thomas Hahn, Salt Lake City

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