American Pie: Junior in Cincinnati
Baseball-Star Ken Griffey kehrt heim
Bye, bye Miss American Pie
Baseball ist der Profisport mit den meisten Traditionen in den USA, seit letzter Woche führt er auch im Bereich der Sentimentalitäten. „Ich bin glücklich, wieder zu Hause zu sein“, erklärte Ken Griffey jr., einer der besten Home-Run-Lieferanten der Major League Baseball (MLB), nach seinem erstaunlichen Wechsel von den Seattle Mariners nach Ohio zu den Cincinnati Reds. Letztere sind zwar das älteste Profiteam des Baseball, aber auch eines der ärmeren und konnten so eigentlich nicht darauf hoffen, einen Spieler vom Schlage Griffeys in ihr Team zu holen.
„Bis zu einen gewissen Grad ist dies ein Meilenstein“, sagt Reds-Manager John Allen. Immerhin schlug Ken Griffey jr. eine Vertragsverlängerung bei den Mariners aus, die ihm 138 Millionen Dollar für acht Jahre gebracht hätte, um für viel weniger Geld in seiner Heimatstadt zu unterschreiben, wo sein Vater einst zweimal die World Series mit den Reds gewann, deren Trainerstab er jetzt angehört. Hunger leiden muss der schlagbegabte Sohn allerdings auch in Cincinnati nicht. Für neun Jahre bekommt er 112,5 Millionen Dollar.
Der Spieler selbst nannte als Hauptgrund für seinen Wechsel keineswegs die Heimatliebe, sondern dass er nun näher an Orlando/Florida sei, wo er mit seiner Familie wohnt und seine Freizeit verbringt. Den Leuten in Cincinnati ist das egal. Sie sehen eine goldene Zukunft für die Reds und die Stadt vor sich, die beide jahrelang nur Negativschlagzeilen geliefert hatten. Da gab es 1989 den Wettskandal um Superstar Pete Rose, später die rassistischen und rechtsradikalen Ausfälle der langjährigen Klubbesitzerin Marge Schott, ansonsten war die Stadt Schauplatz der Obszönitätsprozesse gegen Larry Flynt und Robert Mapplethorpe sowie von Weihnachtsparaden des Ku-Klux-Klan.
Kaum war die Verpflichtung des „Junior“ bekannt geworden, bildeten sich lange Schlangen an den Kassenhäuschen der Reds, mit Griffey träumt das Team, letzte Saison knapp an einem Play-off-Platz vorbeigeschrammt, sogar vom Titel. 2002 soll ein brandneues Stadion eingeweiht werden, Tourismuschef Mike Wilson erhofft sich einen Aufschwung in jeder Beziehung. „Wenn jemand wie Ken Griffey erklärt, es gibt nur einen Platz, wo ich spielen will, und das ist Cincinnati“, so Wilson, „dann kann man das benutzen, um die Stadt besser zu verkaufen.“ Große Pläne hat Cincinnati auch für die fernere Zukunft. „Vor zwei Jahren hätte keiner geglaubt, dass Ken Griffey jr. hier spielen würde“, sagt Roger Ruhl, Vizepräsident der Handelskammer, „also, warum nicht träumen: ‚Dies ist eine Stadt, die nach den Olympischen Spielen 2012 trachtet.‘ “
Matti Lieske
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