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■ American Jewish Committee eröffnet sein erstes Büro in BerlinMoral allein bewegt nichts

Das American Jewish Committee (AJC) sei keine Konkurrenz für seine Organisation, konstatierte der Zentralratsvorsitzende der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, gestern. Das AJC sei schließlich darauf konzentriert, nach Osteuropa zu wirken. Deshalb erwartet Bubis auch eine freundschaftliche Zusammenarbeit, keine Dominanz.

Die Konzentration auf die Botschaftsfunktion, die im übrigen auch für Berlin nur Vorteile mit sich bringen kann, ist indes nur ein Teil der Wahrheit. Die jüdischen Gemeinden in Deutschland wachsen, vor allem durch die verstärkte Einwanderung aus Osteuropa und den GUS-Staaten. Doch noch immer ist hierzulande deutsch-jüdische Präsenz eine Seltenheit. Die jüdischen Gemeinden machen darüber hinaus aufgrund der Einwanderung derzeit eine für sie relativ neue, schwierige Entwicklung durch, die die jüdischen Gemeinden in den USA von Beginn an geprägt haben: Die Zusammensetzung der Gemeinde wird sehr heterogen. Eine mächtige Pressure-group, vergleichbar dem American Jewish Committee, das allein 75.000 Mitglieder zählt, ist der Zentralrat der Juden nicht. Darüber hinaus ist er eine sehr deutsche Einrichtung. Und deutsch heißt in diesem Fall, statt auf „unverschämte“ offene Lobby-Arbeit auf „verschämte“ Politik der stillen Diplomatie, auf den moralischen Impetus zu setzen.

„Aus moralischen Gründen bewegt sich in der deutschen Regierung nichts“, konstatiert dagegen der Europa-Direktor des American Jewish Committee, Andrew Baker, nüchtern. Seine Einschätzung fußt auf einer noch sehr frischen Erfahrung im Umgang mit der deutsch-jüdischen Vergangenheit: Erst auf Betreiben des AJC und der Jewish Claims Conference (JCC) hatte die US-amerikanische Regierung auf Bonn Druck ausgeübt, für die osteuropäischen Überlebenden des Holocaust einen Rentenfonds einzurichten.

Die Amerikaner – ohnehin in der westlichen Welt Meister der Inszenierung – haben sich deshalb folgerichtig entschlossen, ihr Büro nicht in aller Stille, sondern mit einem großen diplomatischen Zeremoniell zu eröffnen. Nicht um eine Konkurrenz zu den deutschen jüdischen Gemeinden zu etablieren. Nicht nur, um potentielle Spender, auf die das AJC auch in Europa angewiesen sein wird, zu mobilisieren. Aber von vornherein will sich das American Jewish Committee als ein gewichtiger und unübersehbarer Faktor im deutsch-jüdischen Dialog präsentieren. Barbara Junge

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