Am rechten Rand: Mann mit Verbindungen
Mit einer Gegendarstellung wollte ein Bremer Unternehmer Berichte über seine Nazi-Kontakte unterdrücken lassen. Der taz liegt sein entlarvender Mail-Verkehr vor.
BREMEN taz | Für die Firma Heinrich Meyerdiercks ist die Sache eher peinlich. Das Unternehmen produziert Baumbefestigungen und Schiffsausrüstungsteile aller Art. Meyerdiercks ist in Bremen ein verbreiteter und wohlklingender Name mit Tradition - und mit Kunden, die auf ihren Umgang achten.
Und nun das. Kürzlich hat Jan-Hinnerk Cappelmann, der geschäftsführende Inhaber der Firma Meyerdiercks, den stadtbekannten Neonazi Markus Privenau zu einem klandestinen NPD-Treffen gefahren. Privenau ist in Bremen gerichtsbekannt, seit er bei Schießübungen den Koch des dortigen Ratskellers tödlich traf.
Offenbar war es Cappelmann unangenehm, dass Journalisten mitsamt Kamera vor dem NPD-Treff warteten: Er fuhr mit seinem Mercedes zunächst um die Ecke, kam aber zurück. Privenau stieg mit einer schweren Kiste voller Akten aus, Cappelmann fuhr ein paar Straßen weiter und stellte den Wagen ab. Der stand zwei Stunden später immer noch da.
Für Beobachter der Neonazi-Szene war die Sache eindeutig: Cappelmann ist offenbar ein Nazi-Sympathisant, und der Eintrag "Jan Cappelmann" in einer NDP-Spenderliste aus dem Jahr 2009 verweist auf ihn. Cappelmann bestritt das: Privenau sei ein "Freund", er selbst habe "nicht die geringsten Sympathien für die politischen Ziele und politischen Äußerungen der NPD".
"Lügner ist noch ein kleines Wort dafür", erklärte am Freitag der taz-Anwalt Johannes Eisenberg in einem Gerichtsverfahren, mit dem Cappelmann eine Gegendarstellung erzwingen wollte (siehe Text rechts). In der Tat: Cappelmanns E-Mail-Verkehr mit Bremer Neonazi-Größen und den örtlichen "Freien Nationalisten" zeigt, wie tief er sich in dieses Milieu verstrickt haben dürfte.
Im Juni 2009 meldete sich Cappelmann demnach von seiner privaten Mailadresse aus bei der NPD und bat um Infomaterial. Die Frage, ob er "zu NPD-Veranstaltungen eingeladen werden" wolle, kreuzte er mit "Ja" an.
Nicht viel später unterschrieb er Mails "mit deutschem Gruß", verfasste Texte für die Internet-Seite der "Freien Nationalisten" (FN). Sein Kontaktmann dort war Gerold Schibblock, dessen Vater, Thorsten Schibblock, wiederum Vize-Bundesvorsitzender der inzwischen verbotenen "Nationalistischen Front" war. Auf der Internetseite der "FN-Bremen" war zeitweise zu lesen, dass "Widerstand zur Pflicht" werde, wenn etwa der "feige Mordanschlag Stauffenbergs als gerechtfertigte heilige Widerstandshandlung glorifiziert" werde.
Nachweislich formulierte Cappelmann den Entwurf für eine rechtsradikalen Aufruf zur 1. Mai-Demonstration 2010. "Ich glaube, der Aufruf ist ganz rund geworden", schrieb er an "Gerold" - Schibblock - und schloss: "GruSS Jan". Mitmarschieren konnte Cappelmann dann offenbar doch nicht - "na dann marschierst Du wenigstens im Geiste in unseren Reihen mit", schrieb ihm Schibblock in Anspielung auf das berüchtigte Horst-Wessel-Lied der SA.
Die bemerkenswerte Schreibweise "GruSS" tauchte immer wieder auf, so auch im Mai 2010: Cappelmann wollte sich beteiligen, als er erfahren hatte, dass ein Kreis von Neonazis "zu den Gräbern u. a. von Soldaten der Waffen-SS" auf den Friedhof Bremen-Walle gehen wolle. Die Aktion sei ja "ganz erfolgreich" gewesen, meinte Cappelmann später, "schade, dass wir keine kleine Hacke dabei hatten, um auch noch das Erdreich ein wenig aufzulockern".
Versuche, am gestrigen Freitag telefonisch über die Firma, aber auch direkt über seine wiederholt benutzte Mailadresse Kontakt mit Capelmann aufzunehmen, waren erfolglos: Er reagierte nicht.
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