Am konservativen Laufzeiten-Konsens vorbei: RWE spart sich die Atomsteuer
Der Stromkonzern RWE tauscht kurz vor Einführung der Brennelemente-Steuer sein Spaltmaterial für das AKW Biblis aus. Und spart so 280 Millionen Euro.
FRANKFURT taz | Der Stromkonzern RWE tauscht vor der Einführung der neuen Atomsteuer im großen Stil Brennelemente in seinem AKW Biblis und spart dadurch Millionen. Noch im November wolle das Unternehmen 92 der 193 Brennelemente ersetzen, erklärte das hessische Umweltministerium am Dienstag. Nach seiner Schätzung spart RWE dadurch 280 Millionen Euro Steuern. Die Opposition kritisierte, das Unternehmen lege die Koalition bei der ohnehin fragwürdigen Einigung über die Verlängerung der AKW-Laufzeiten auch noch finanziell aufs Kreuz.
RWE bestätigt das Vorgehen. Mit dem Wechsel von 92 Brennelementen jetzt habe man aber nicht die Brennelementesteuer umgehen wollen, sagte ein Unternehmenssprecher. Der Austausch der Brennelemente im Block B des AKW Biblis sei "nicht ungewöhnlich". Schon einmal in diesem Jahrzehnt seien auf einen Schlag mehr als 90 Brennelemente ausgetauscht worden. Der Wechselzeitpunkt und auch die Menge der Brennelemente richteten sich ausschließlich nach "physikalischen Gegebenheiten", so RWE. Die FR hatte dagegen berichtet, dass normalerweise weniger als 72 Brennelemente im Jahr ausgetauscht würden.
Dass jetzt noch vor dem Jahreswechsel und dem Inkrafttreten der Brennelementesteuer ausgetauscht werde, hänge damit zusammen, dass der Reaktor B wegen anstehender Reparaturarbeiten an einer Turbine ohnehin Mitte November heruntergefahren werden müsse, so der Konzernsprecher weiter. Die anderen Giganten der Branche erklärten dagegen, in ihren Atomkraftwerken in diesem Jahr keine Brennelementwechsel mehr durchführen zu wollen.
Die Grünen im Hessischen Landtag werfen RWE vor, wegen "schnöder Profitmaximierung" die schwarz-gelben Regierungen im Bund und im Land Hessen "austricksen" zu wollen, so Fraktionschef Tarek Al-Wazir. Dabei spüle der "Atomdeal" mit der Verlängerung der Laufzeiten allein RWE "mindestens 11,5 Milliarden Euro" in die Kassen. Die Gier von RWE kenne offenbar keine Grenzen.
Für Norbert Schmitt, SPD-Landtagsabgeordneter aus dem Biblis-Kreis Bergstraße, hat RWE die Bundesregierung bei dem "ohnehin schmutzigen Atomdeal" auch noch "aufs Kreuz gelegt". Es zeige sich einmal mehr, dass man mit "Stromern" keine Verträge schließen könne. Die Linke echauffiert sich zusätzlich darüber, dass das hessische Umweltministerium in Aktenvermerken die "Vermeidung einer Steuerpflicht von rund 280 Millionen Euro" durch RWE gebilligt habe. "Ein solches Vorgehen mag legal sein - Legimitation aber hat der gesamte Atomdeal von Anfang an nicht gehabt und wird er auch nicht mehr bekommen", so Fraktionschefin Janine Wissler.
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