Am Rande des Academy Awards: Und der Download-Oscar geht an ...

Ginge es nach der Gunst der Kinozuschauer, hätte "Avatar" den Preis als "Bester Film" erhalten. Schaut man aber, welcher Film die meisten Downloads hat, liegt die Rassismus-Parabel "District 9" vorn.

Permanente Störung im Film-Geschäft: Oscar-Gewinner der Downloader ist "District 9". Bild: sonypictures.com

BERLIN taz | An wen sollte der Oscar gehen? Das fragte sich Torrentfreak.com und schaute auf die Downloadzahlen der zehn Oscar-Nominierten in 2010. Demnach hätte eigentlich "District 9" den Preis "Bester Film" gewinnen müssen. Der tatsächliche Liebling der Jury, "Tödliches Kommando", landete demnach nur auf Platz 3. Auf Platz 2 findet sich in dieser Hitliste "Avatar" – der in der jüngsten Zeit meistgesehene Film im Kino.

Der Blick auf die Downloads über Bit Torrents bietet einen interessanten Blick: Anstelle der Entscheidung des Vereins der Elite der US-Filmschaffenden, der 5.798 Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, ist hier der Teil des Publikums maßgebend, der das Hollywood Kino zwar verehrt, dafür aber nichts bezahlen möchte.

Nun sind die veröffentlichten Zahlen nicht ganz fair, weil die zehn Filme verschieden lang im Umlauf sind. Wer länger im Umlauf ist wie "District 9", konnte mehr Downloads verzeichnen, hatte aber seinen Höhepunkt vielleicht schon 2009 – die Zählung bezieht sich aber nur auf 2010. Wer kürzer im Umlauf ist, wie "Avatar", hat jetzt seinen Höhepunkt in der Publikumsgunst, war aber noch nicht den ganzen Januar über in DVD-Qualität als Download zu haben.

Rangfolge der Oscar-Nominierten "Bester Film" gemessen an Bit Torrent Downloads 2010:

1. District 9, 12 Mio. Downloads

2. Avatar, 11 Mio.

3. The Hurt Locker, 7,9 MIo.

4. Up, 5,4 Mio.

5. Inglourious Basterds, 5,4 Mio.

6. Precious, 4,9 Mio.

7. Up In The Air, 4,9 Mio.

8. A Serious Man, 3,8 Mio.

9. The Blind Side, 1,8 Mio.

10. An Education, 0,7 Mio.

Quelle: Torrentfreak.com

Beim Download-Sieger "District 9" handelt es sich um einen Science Fiction-Thriller im Stile einer Fernsehdokumentation. In Johannesburg sind heuschreckenähnliche Außerirdische abgestürzt und hausen nun schon seit knapp drei Jahrzehnten eingepfercht in einem Slum namens "District 9". Als es zu Unruhen kommt, sollen sie umgesiedelt werden. Der Film ist eine Parabel auf den Rassismus im Stile der hyperrealistischen SciFi-Thriller der Achtziger wie BladeRunner, Terminator oder Alien. Und der Liebling der Downloader, wenn man allein die zehn Filme zugrunde legt, die für den Oscar nominiert waren.

Torrentfreak klärt uns nicht nur darüber auf, wieviele Downloads es gab, sondern auch darüber, wie viele Kopien im Netz zur Auswahl stehen: Bei "District 9" waren es demnach 2.948, bei "Avatar" sogar 4.280. Das ist eine Menge, und offenbar sind doch nicht alle zufrieden. "Avatar ist draußen in DVD-Qualität", zitiert etwa der Kommentator "wat" den Artikel auf torrentfreak.com, nur um sich zu beklagen: "Wo zur Hölle ist das? Ich sehe nur Screener." Wobei mit "Screenern" jene Kopien gemeint sind, die vorab an Filmkritiker gehen und nicht für den Handel bestimmt sind.

Cablevision schaltet Oscar-Übertragung ab

Während also auf dem heimischen PC jederzeit kostenlos Kinoabend möglich ist, fehlte rund drei Millionen zahlenden Zuschauern im Raum New York am Oscar-Abend zunächst das Bild. Grund war ein Konflikt zwischen dem TV-Sender ABC und dem Kabelbetreiber Cablevision über die Ausstrahlungsbedingungen für ABC-7. ABC hatte Cablevision zuvor als "gierig" bezeichnet, weiß die Washigton Post zu berichten, und seine Zuschauer aufgefordert, den Kabelbetreiber zu wechseln.

Der revanchierte sich damit, dass er die Eingangs-Szenen und den Eröffnungsdialog von Alec Baldwin and Steve Martin vom Oscar-Abend auf dem roten Teppich auf ABC einfach nicht sendete: Das Bild blieb dunkel. Hintergrund sind die Versuche der Studios und Senderbetreiber, einen größeren Anteil von den Kabelgebühren abzubekommen.

Torrentfreak war also nicht der Einzige, der den Oscar nutzt, um auf sich aufmerksam zu machen. Sehr clever war es vermutlich in beiden Fällen nicht. Cablevision macht am Ende nur deutlich, dass es nicht viel von seinen (zahlenden) Zuschauern hält. Und Torrentfreak macht ausgerechnet an dem Abend, an dem die Filmbranche sich einmal gelöst feiert, auf all diejenigen aufmerksam, die nichts für den schönen Schein bezahlt haben.

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