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Altkanzler ermahnt EuroskeptikerHelmut Kohl will "mehr Europa"

Helmut Kohl hat in der Diskussion um Hilfen für Griechenland "mehr und nicht weniger" Europa gefordert. Gerade jetzt dürfe "das Ziel des geeinten Europas" nicht aus den Augen verloren werden.

Was brauchen wir? Hemlut Kohl meint: "Mehr Europa". Bild: ap

BERLIN rtr | Altbundeskanzler Helmut Kohl hat nach der Bundestagsabstimmung über das zweite Griechenland-Paket die Euro-Skeptiker in den eigenen Reigen zur Ordnung gerufen. "Die aktuelle Diskussion in Europa und die krisenhafte Lage in Griechenland dürfen jetzt nicht dazu führen, dass wir das Ziel des geeinten Europas aus den Augen verlieren oder gar infrage stellen und zurückweichen", schrieb Kohl in einem Beitrag für die Bild-Zeitung.

Das Gegenteil sei richtig. Deutschland müsse die Krise als Chance nutzen. "Wir brauchen - gerade jetzt - mehr und nicht weniger Europa." Die bösen Geister der Vergangenheit seien keineswegs gebannt, sie könnten immer wieder zurückkommen, warnte der CDU-Politiker. "Europa bleibt eine Frage von Krieg und Frieden und der Friedensgedanke also das Bewegungsgesetz der europäischen Integration."

Der Bundestag hatte am Montag mit großer Mehrheit den Weg für das zweite Griechenland-Hilfspaket freigemacht. Allerdings brachte die Koalition nicht aus eigener Kraft die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit zustande. In der Koalition gab es laut Abstimmungsprotokoll 20 Abweichler.

Zuvor hatte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Spiegel angeregt, Griechenland Anreize zu geben, die Eurozone zu verlassen. Die Äußerung stand im Widerspruch zum Beschluss der Bundesregierung, Griechenland mit weiteren 130 Milliarden Euro zu stützen.

Die SPD rief Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, Friedrich zu entlassen. Man könne als Bundeskanzlerin keinen Minister im Kabinett behalten, der so gegen die Kabinettsdisziplin verstoße, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs, dem Hamburger Abendblatt. Dabei verwies er auch auf die verfehlte Kanzlermehrheit, für die der Sozialdemokrat Friedrich mitverantwortlich machte: "Wenn ein Minister nicht steht, steht auch die Fraktion nicht."

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10 Kommentare

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  • F
    Friederike

    Ich wüsste gerne mal wieviele Bürger damals für die EU und den Euro waren.

     

    Bei einer Volksbefragung wären sicher die meisten Bürger dagegen gewesen. Ich hab noch niemanden getroffen, der für die EU ist.

     

    Ich kann nur erkennen, das seitdem alle Bürger, egal welches Land arm und ärmer dran sind.

  • AH
    Adolf Haerter

    Hoffentlich wundert sich mach Politiker nicht einmal, dass einige des Buegertums unseren ausreichend vergueteten Berufspolitikern irgendwann

    und unverhoffft uebelst mitspielen.

    Ich persoenlich hoere oftmals von Menschen mit ausreichendem Vermoegen, das diese sich privat organisieren und so manchem der fahrlaessig den ìnneren Wert unsrer Waehrung Euro seit 10 jahren riskirte Jahre nach seiner Polittaetigkeit aufsuchen

    wollen.

    Ob es so weit kommt? Mal schauen!.

    Wir brauchen keine Unterstuetzung f. Sued-Europa,

    sondern gepflegt, aufrechte, unternehmerischdenkende

    Mitarbeiter mit Haltung. Und nicht diese Typen die dort zu 75% in der Hostel-u. Gastronomie, Firmen beschaeftigt sind.

    Ich weiss sehr, sehr gut was dort ablief u. laeuft.

    Prof Dr Sinn, Hans-Olaf Henkel haben es immer noch ganz freundlich formuliert. Ich haette es verachtender beschrieben. herzl. Gruss an die Redaktion. P.S. Es gibt auch liebe Bueger die diese Politiker zur Rechenschaft ziehen wollen

  • VP
    Vassilis Paleokostas

    Da treibt wohl jemand kurz vor'm Abkacken das schlechte Gewissen um. Immerhin war es Kohl mit seinem Reparationsbetrug, der dafür gesorgt hat, daß Griechenland, trotz eines bereits großzügigen Schuldenschnitts von 50%, um die in den Pariser Verträgen festgesetzten Kriegsschulden beschissen wurde.

    Während Deutschland mit arisiertem und europaweit Geplünderten und durch nie bezahlte Reparationen sein in holde Unschuld Wischi-Waschi Wirtschaftswunder feierte, litten die überfallenen Länder an Inflation und Hungersnöten.

    Die Schulden wurden bis nach der Wiedervereiterung gestundet und um sie zu umgehen, hat Kohl einfach den Beitritt der DDR zur BRD gezaubert. Es gab also nie eine Wiedervereinigung und es geht durch diesen Beschiss auch nicht mehr um Geschichten von vor 70 Jahren. Deutschland kann sich nur dann wiedervereinigen, wenn es seine Kriegsschulden begleicht.

  • U
    Ulrich

    Alles andere kann uns egal sein : aber die deutsch-französische Freundschaft muss um jeden Preis erhalten bleiben. Hier - aber auch nur hier -( sofern er das meint ) hat Kohl recht !

  • T
    tommy

    "Europa Frage von Krieg und Frieden" - haha, sicher, ohne Euro singen wir bestimmt alle morgen wieder "Jeder Stoß ein Franzos...". Helmut Kohl ist wirklich nur noch ein alter Mann, der mental in seiner Jugendzeit steckengeblieben ist, nicht begreift, wo die echten Gefahren für Europas Zukunft liegen und auch nicht begreifen will, was er selbst mit dem Euro für ein Desaster angerichtet hat.

  • S
    Stefan

    "Europa ist unsere Zukunft. Es gibt zu Europa keine Alternative.“(bild.de)

     

    Diese Meinung kann der Altkanzler haben. Dennoch ist sie sturr und blind zugleich. Wer maßt sich solch eine Behauptung an, der nicht mit brachialen Mitteln versuchen wird Europa zusammenzuhalten? Als würde ich den Kamin löschen wollen, wenn das halbe Haus in Flammen steht.

     

    "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind." Albert Einstein

  • F
    Friederike

    Von einem Mann mit Spendenaffäre liesse ich mich nicht ermahnen. Ich könnte ihn aber ermahnen- nämlich die dicke Klappe endlich zu halten. Er ist draussen!

     

    Den Schlamassel und die Armut in Deutschland verdanken wir Herrn Kohl mit seiner Wiedervereinigung- die so kein Mensch wollte. Auch nicht die Ostdeutschen.

     

    Verkauft hat er uns alle an seine EU. So sehe ich das.

     

    Wenn es 3 gute Gründe gibt, die mich von der EU überzeugen sollen dann her damit.

  • T
    Torben

    Ein Mann mit einem gruseligen Welt- und Menschenbild, sehr speziellen Moralvorstellungen und übergroßem Ego mahnt aus vermutlich falschen Gründen zur Solidarität.

     

    Nun denn, auch wenn mich schaudert, den Satz "wir brauchen mehr Europa" dürfen wir nicht den Konservativen und Marktadepten überlassen. Wir brauchen mehr Solidarität der Völker, mehr Kooperation statt schrankenlosen Wetteifers und insofern stimme ich mit Herrn Doktor h.c. Kohl in den Widerspruch gegen Deutschlands Konfrontationspolitik ein.

  • MM
    Mister Maso

    Man sollte davon Abstand nehmen, das Mantra "Scheitert der Euro, scheitert Europa" ständig zu wiederholen - irgendwann glauben die Leute noch daran!

    Wer zwingend eine friedliche Nachbarschaft der Völker eines Kontinents mit einer Währung verknüfen will, wird beides verlieren!

    Darüber hinaus fehlt es einem herrn Kohl an der nötigen Glaubwürdigkeit, um besorgten Kritikern den Mund zu verbieten.

  • D
    Demokrat

    Die Bürger wollen aber nicht noch mehr Europa! Warum können die Politiker das nicht einfach akzeptieren?