Althaus-Kandidatur für Thüringen-Wahl: CDU nominiert ein Phantom
Rekordergebnis für einen abwesenden Kandidaten: Mit 94,6 Prozent der Stimmen wählt die Thüringer CDU erneut Ministerpräsident Althaus zu ihrem Spitzenmann.
"Und nun lassen wir den Dieter für heute in Ruhe!" Mit diesen Worten beendete Landesgeschäftsführer Andreas Minschke den geisterhaften Auftritt von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus auf der Landesvertreterversammlung der CDU in Waltershausen. Kurz zuvor hatte sich Althaus per SMS für seine Nominierung als Spitzenkandidat zur Landtagswahl vom 30. August bedankt. "Die Partei kann sich auf mich verlassen!", ließ er die Anwesenden wissen.
Ungeachtet seines Gesundheitszustands hat die Thüringer CDU am Samstag Ministerpräsident Althaus damit erneut zu ihrem Spitzenkandidaten nominiert. Nur sieben Delegierte zweifelten, ob Althaus nach seinem Skiunfall fit für den Wahlkampf ist. 94,6 Prozent stimmten für seine Kandidatur.
Althaus befindet sich nach wie vor in einer Klinik in Allensbach am Bodensee, um die Folgen des Zusammenstoßes mit einer Skifahrerin am Neujahrstag zu kurieren. Wegen deren fahrlässiger Tötung war er Anfang März in einem Blitzverfahren in Österreich zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Althaus hatte daraufhin dennoch seine Bereitschaft erklärt, für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren. An die Delegierten in Waltershausen richtete er eine kurze schriftliche Botschaft. Darin bezeichnet er die letzten Wochen als "die schwersten meines Lebens" und bedankte sich für eine "Welle der Anteilnahme". Gerade diese Sympathiebekundungen verpflichten ihn nun, nicht aufzugeben. Noch vor der Sommerpause wolle er die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen.
Nachdem der Listenplatz 1 damit abgehakt war, ging die Landesvertreterversammlung auffällig zügig zur Tagesordnung über. SPD-Landeschef Christoph Matschie sprach deshalb von einer "merkwürdigen Inszenierung". Den Part emotionaler Mobilisierung, der eigentlich Althaus zugekommen wäre, übernahm sein Amtsvorgänger und Ziehvater Bernhard Vogel. Er sei stolz auf die CDU, die "geschlossen sei wie nie zuvor", rief Vogel unter großem Beifall. "Dieter Althaus ist wieder da! Dieter Althaus kehrt zurück!", rief er den Anwesenden zu.
Einzelne Delegierte räumten ein, dass man ein Vabanquespiel betreibt und auf Althaus damit nun ein hoher Erwartungsdruck lastet. In seiner Abwesenheit habe man ihn aber auch nicht durch den Aufbau einer Ersatzfigur demontieren können, wird das Dilemma der Thüringer CDU beschrieben. Viele fühlen sich nun mit der Antrittserklärung des Ministerpräsidenten von der Mitverantwortung entlastet. Dass sich Althaus damit selbst massiv unter Druck gesetzt hat, wird nur von wenigen Unionsfreunden erkannt. Er solle sich ausreichend Zeit für seine Genesung lassen, sagte etwa Staatskanzleichef Klaus Zeh.
Für die am 7. Juni stattfindende Europawahl dürfte Althaus Abwesenheit zwar noch nicht relevant sein. Die Frage aber, ab wann seine Abstinenz für die CDU zu einer Belastung werden könnte, wurde dennoch spürbar ungern diskutiert. Dass die Thüringer Union keineswegs so homogen ist wie von Vogel beschworen, zeigten auch die anderen Ergebnisse: Landtagsfraktionschef Mike Mohring und Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski erreichten nur 72 beziehungsweise 76 Prozent. Und der Versuch des Landesvorstands, den früheren Innenminister Christian Köckert mit einem EU-Parlaments-Sitz zu versorgen, misslang nach einer Kampfkandidatur gegen den bisherigen Mandatsträger Dieter Koch gar.
Dabei waren die Unterschiede programmatisch gar nicht so groß. Die meisten Bewerbungsreden speisten sich aus Warnungen vor der Linkspartei.
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