Alternativen für WM-Muffel: Blutegel-Baskets
Für Boykotteur:innen der Fußballweltmeisterschaft in Katar probiert die taz Alternativen aus. Dieses Mal: Basketball im Bundestag.
Z unächst gilt mein Dank dem Hansi, dem Bimmi, dem Seppi und dem Franzi. Die vier haben es ermöglicht, dass ich überhaupt wieder Sport treiben kann. Als mir die vier von meinem Heilpraktiker vorgestellt wurden, hat es mir zunächst vor ihnen gegraust. Es sind schließlich Blutegel. Bevor sie mir an die Achillesferse gesetzt wurden, waren sie kleiner als ein kleiner Finger, vollgesogen aber waren sie größer als die größte Nacktschnecke, die ich je gesehen hatte.
Dass ich nicht allein Ekel empfinde, wenn ich an die Behandlung zurückdenke, sondern mit warmen Gefühlen an die Würmer zurückdenke, liegt am Ergebnis ihrer Saugerei. Ein halbes Jahr war ich unter Schmerzen mit einer angerissenen Achillessehne durch die Gegend gehumpelt. Dann hat mir mein Orthopäde eine Blutegeltherapie verordnet. Und nun fühle ich mich wieder bereit für ein gepflegtes Basketballspiel. Ein Wunder.
Und dann durfte ich noch in einem ganz besonderen Umfeld spielen, nicht irgendwo, sondern im Hohen Haus. Leeor Fink, ein Kollege, der für die taz Panter Stiftung arbeitet, spielt da regelmäßig, seit er mal ein längeres Praktikum im Bundestag gemacht hat. Er ist Mitglied in der SG Deutscher Bundestag und zockt immer freitags nach Feierabend mit einem Haufen Gleichgesinnter auf dem schicken Parkett, das für die sportiven Politmenschen im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus gelegt worden ist. Er hat mich mitgenommen, mir einen Gästeausweis besorgt, damit ich überhaupt reindarf in das riesige Abgeordnetengebäude.
Spiel hat Lust auf mehr gemacht
Warmmachen, ein paar Bälle auf den Korb werfen. Ich mache das so, wie ich das bei den anderen, die gekommen sind, sehe. Glaube ich zumindest. Wahrscheinlich sieht es nicht ganz so elegant aus, wie ich mit meinen nun doch schon sehr gut 50 Jahren unter dem Korb agiere. Ich habe als junger Mann mal Basketball gespielt, als Papa mit meinen Kindern und dann ganz lange nicht mehr.
Im Spiel versuche ich dann zu machen, was man von mir will. Einen Gegenspieler decken und im Angriff zumindest denen, die es wirklich können, nicht allzusehr im Weg stehen. Zwei mal bekomme ich Lob „Gute Defense!“ und „Guter Pass!“ und einmal diese Ansage: „Höher, nicht so tief!“ Sicher ein guter Rat, auch wenn ich nicht so recht weiß, was ich davon halten soll.
Den Korb treffe ich nicht an diesem Abend. Manchmal nicht mal den Ring, wenn ich werfe. So richtig zufrieden sind die Bundestagler nicht mit mir. Aber ich laufe fleißig hin und her. So viel, dass ich noch zwei Tage später etwas von meinem Basketballabend habe. Muskelkater. Obwohl ich nach dem Spiel brav Dehnübungen gemacht habe. Ein bisschen wenigstens. Und doch hat das Spiel Lust auf mehr gemacht. Wenn es wärmer wird, gehe ich mal auf einen Freiplatz und arbeite an meinem Wurf. Was man sich eben so vornimmt. Mal sehen.
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