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Alte Akten im MüllAuf dem Spiel steht das Vertrauen

Kommentar von Svenja Bergt

Zeugnisse und private Daten im Müll sind keine Lapalie. Erst recht, wenn sie von Kunden des Sozialamts handeln. Die müssen sich nämlich auf die Sozialarbeiter verlassen können.

I m Papiercontainer eines Mehrfamilienhauses liegen stapelweise Dokumente mit sensiblen persönlichen Daten. Zeugnisse, Gesprächsprotokolle, Notizen aus der Intimsphäre von Familien, die Hilfe brauchen. Dokumente, die nur im Müll landen dürfen, wenn sie vorher im Aktenvernichter unlesbar gemacht wurden. Und die vermutlich trotzdem immer wieder ungeschreddert entsorgt werden.

Das ist keine Nebensache. Sondern ein Versagen in einem zentralen Punkt der sozialarbeiterischen Tätigkeit. Denn die Betreuten müssen sich darauf verlassen können, dass die Dokumente, die sie weiterreichen, die Notizen, die die Sozialarbeiter anfertigen, nicht in unbefugte Hände geraten. Fehlt das Vertrauen, werden die Betroffenen nicht sagen, wie es wirklich um sie steht - dabei sind genau diese tiefen Einblicke wichtig, um eine gute Betreuung zu ermöglichen.

Härtere Strafen?

Schwieriger wird es, wenn es darum geht, solche Fälle zu verhindern. Härtere Strafen? Das mag bei Unternehmen sinnvoll sein, wo Bußgelder meist aus der Portokasse bezahlt werden können. Aber bei nicht gewinnorientierten Vereinen? Zumal bei solchen, die Aufgaben übernehmen sollen, die dem Gemeinwohl dienen? Und bei denen sich die anfallenden Daten auf die Intimsphäre Dritter beziehen?

Hier wäre es noch viel wichtiger zu reagieren, bevor die Dokumente unzerstört im Müll landen. Die staatlichen Stellen, die Aufträge und Geld an die Vereine verteilen, müssen daher genauer hinschauen - schließlich sollten sie ein Interesse daran haben, dass die Betreuten ihr Vertrauen in die Sozialarbeit nicht verlieren.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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1 Kommentar

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  • NG
    nicht gesellschaftsfähig

    härtere strafen bringen gar nix. das menschenbild dieser verantwortlichen hier ist das problem. einmal in den schuhen des anderen gehen ... wenn das mal gelehrt werden würde in den einschlägigen fachhochschulen. was auch wichtig ist: den leuten in einem dozenten-gespräch vor antritt des studiums auf den zahn zu fühlen, um ihre motivation für den berufswunsch herauszufinden, zu schauen, ob sie geeignet sind anderer leute belange verantwortlich zu vertreten/zu unterstützen, wie bspw. an der fh potsdam üblich.