: Alt-Nazi darf Orden behalten
Hamburg (taz) - Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) und der ehemalige Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU) haben entschieden, daß auch ein führender Propagandist der NSDAP Träger des Bundesverdienstkreuzes sein darf. Eine vom niedersächsischen Grünen-Politiker Georg Fruck initiierte Prüfung durch diese beiden Politiker hat jetzt ergeben, daß der 90jährige Wilhelm Marquardt aus Buxtehude bei Hamburg trotz seiner früheren Tätigkeit als Chefredakteur des Niedersachsen -'Stürmer‘ weiterhin im Besitz seiner Auszeichnung bleibt.
Weil der bis zu seiner Pensionierung als verbeamteter Lehrer tätige Marquardt mehrere Ortschroniken der Dörfer um Buxtehude verfaßt hatte, war ihm 1982 das Bundesverdienstkreuz verliehen worden. Die NS-Zeit tauchte in diesen Chroniken kaum auf - wenn, dann beschönigend oder verharmlosend.
Die Entscheidung aus Zimmermanns Ministerium und Albrechts Kanzlei begründete Ministerialdirektor Meinhard Ade aus dem Bundespräsidialamt gegenüber Fruck so: „Auch wenn die Verstrickung von Herrn Marquardt in den Nationalsozialismus seinerzeit beim Ordensvorschlag nicht im ganzen Ausmaß bekannt war“, so habe er sich doch „in vier Jahrzehnten durch seine vielfältigen Tätigkeiten auf kulturellem und kommunalem Gebiet verdient gemacht.“ Marquardt habe seine führende NS-Tätigkeit zudem öffentlich bedauert. Georg Fruck beurteilt das Abschwören anders. Erst nach öffentlichem Druck - auch die taz hat berichtet - habe Marquardt „erstmals in seinem Leben schwache Lippenbekenntnisse abgelassen“.
ak
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