Alles Fremde in Weißrussland zensiert: Lukaschenko kappt das Internet
Schlechter Einfluß, zu viele Proteste, zu viel Gefahr für die Regierung: die weißrussische Führung verbietet das Surfen auf ausländischen Websites und droht hohe Strafen an.
MINSK/MOSKAU dpa | Als Reaktion auf online organisierte Proteste hat die autoritäre Führung Weißrusslands neue Einschränkungen für Internetnutzer erlassen, die nach Einschätzung internationaler Experten den Besuch ausländischer Websites verbieten. Das Gesetz sieht eine Strafe von umgerechnet 100 Euro vor, wenn Bürger für Emails und Finanzaktionen Seiten verwenden, die nicht in Weißrussland registriert sind.
Experten etwa der Bibliothek des US-Kongresses befürchten, dass Weißrussland schließlich ausländische Seiten ganz blockieren und internationale Konzerne dazu bringen könnte, ihre Websites für Besucher aus der Ex-Sowjetrepublik zu sperren.
In Weißrussland hatten sich im Sommer zahlreiche Regierungsgegner über soziale Online-Netzwerke zu Protesten verabredet. Es gab Hunderte Festnahmen. Das neue Gesetz soll an diesem Freitag in Kraft treten.
Dem inhaftierten oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Nikolai Statkewitsch droht unterdessen eine noch längere Strafe, weil er laut Anklage gegen die "Gefängnis-Disziplin" verstoßen hat.
Das sagte seine Ehefrau nach Angaben unabhängiger Medien vom Dienstag. Statkewitsch war nach den Massenprotesten gegen Wahlfälschungen bei der Präsidentenwahl im Dezember 2010 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.
Leser*innenkommentare
Sowasaberauch
Gast
@ Tobías
Was ist denn das für ein Beissreflex?
Über Internetzensur in der Türkei, Iran oder China wird oft und ausführlich berichtet.
Dass dies in dem einen oder anderen Fall schärfer geschieht (von Regierungsseite) hat was mit Geschäften zu tun. Mag sein, dass in Weißrussland nicht viel Geld zu verdienen ist.
Aber bei voller Konsequenz dürften auch nurmehr mit "sauberen Staaten" Geschäfte gemacht werden. Dan kostet das T-Shirt wieder 30 Euro und auf den Transatalantikflug müsste halt wieder fünf Jahre gespart werden.
Mich würdest freuen und nicht stören...
Tomate
Gast
Es steht zu befürchten, dass all dies in Europa Schule machen wird. Und wer wagt heute dagegen zu wetten, dass uns nicht die eine oder andere dieser Maßnahmen in 10 oder 15 Jahren anlässlich irgendeines natürlich immer guten Anlasses von einer CDU- oder Sonstwas-Regierung ebenfalls aufgedrückt wird?
Die Amis hätten es sich auch nie träumen lassen, dass sie in ihrem eigenen Land vom Militär verhaftet und de facto unbegrenzt ohne Anwalt eingesperrt werden dürfen, nur weil irgendein Geheimdienstler entschieden hat, dass sie verdächtig sind (beliebig!), Terrorismus (Definition?) zu unterstützen (Definition?). So ist das jetzt aber seit einer Woche (NDAA-Gesetz), nur dass Obama versprochen hat, /er/ wolle das nicht missbrauchen.
Keiner darf glauben, im Westen könne es nicht noch schlimmer werden als in den schlimmsten anderen Ländern der Welt - nur weil wir ja solch eine tolle demokratische Tradition hätten. Die Leute würden sich sowas ja nicht gefallen lassen. Ha! Träumt weiter!
ohno
Gast
Ganz richtig, Tobias, der Iran wird kaum kritisiert, den haben wir alle ganz lieb, weil die so schön islamisch da sind.
Macht Ihr Islamhasser eigentlich gar keinen Realitätscheck mehr, bevor Ihr Eure Hatemails rausfeuert?
hann0s
Gast
@Tobias: Der Iran wird wegen seiner Pressezensur mehr als oft genug Kritisiert, ebenso China. Davon mal ab, dass die USA mit SOPA gerade ziemlich genau das gleiche planen. Hat da jemand ne PI-Brille auf?
Unbekannter
Gast
@Tobias: Die Zensurpraxis in Iran und China wurde in den letzten Jahren ausführlich in der deutschsprachigen Presse thematisiert und von den führenden NGOs in diesem Bereich wie Reporter ohne Grenzen (RSF) scharf kritisiert.
Neu ist, das Lukaschenko nun diesen Ländern wohl Konkurrenz machen will. Noch ist Weißrussland von RSF noch nicht bei den sog. "Feinden des Internet" gelistet worden - nach dieser Gesetzesänderung dürfte es nächstes Jahr klappen...
Tobias
Gast
Iran macht das auch, da gibt's kaum Kritik. Ist ja ein islamisches Land, das darf man nicht kritisieren. Und in China wird auch ordnetlich zensiert, aber den Kommunismus kritisiert man ja auch lieber nicht...
Denis
Gast
Die Angst des Diktators vor seinem eigenen Volk muss riesig sein, wenn er solche Massnahmen als einzigen Ausweg ansieht, um seine Macht zu erhalten.