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Alleine Hamlet quetschen

■ Ab heute gastiert der kanadische Regisseur Robert Lepage mit seiner Hamlet-Adaption „Elsinore“ auf Kampnagel

Kann man einen ganzen Hamlet mit einem Mann spielen? Roberts zumindest können es, denn nachdem Robert Wilson bereits einen Solo-Hamlet gezeigt hat, tut es ihm Robert Lepage jetzt gleich. Allerdings dürfte seine Solo-Adaption des „besten Stückes, das ich jemals gelesen habe“, ein wenig anders ausfallen, als die kühle Kunstwelt-Version des Texaners. Denn Lepage, der zuletzt mit seiner Gruppe Ex Machina und dem grandiosen Mammut-Werk The Seven Streams Of The River Ota auf Kampnagel sowie mit Le Confessional im Kino zu sehen war, ist weit mehr der zeitgenössische Theaterzauberer, weniger der Kunst-Romantiker. Deshalb haben seine Stücke, selbst, wenn sie wie in Elsinore die ganze Technik- und Theatermaschinerie bewegen, immer den Blick auf die direkte Poesie, auf die verläßliche Offenlegung der Mittel, die dem Resultat dient, nicht schadet. Denn Lepage schafft stets einen erzählerischen Assoziationsraum, der das Publikum zum geistigen Vagabundieren einlädt.

Als alleiniger Darsteller aller männlichen und weiblichen Rollen des Shakespeare-Riesenwerks könne er drei Themenkomplexe besser vermitteln, als ein ganzes Ensemble, weil er eine ganz andere Erfahrung mit dem Text mache: die Schizophrenie Hamlets, die Erfahrung des Inzest, der das ganze Stück beherrscht, und das Gefühl der Einsamkeit des Helden.

Überhaupt habe er, so erklärte Lepage bei einem Pressegespräch auf Kampnagel am Dienstag, mit dieser Version nicht die Ambition, einen vollständigen Hamlet zu spielen. Vielmehr habe er den Versuch unternommen, „aus dem Stück Themen hervorzuquetschen, die mit zeitgenössischen Mitteln transportierbar sind.“ Mit Videos, Projektionen, diversen Kostüm- und Maskenwechseln sowie der wandelbaren Burg „Elsinor“ wolle er dem spielerischen Aspekt bei Shakespeare auf den Grund gehen.

tlb

Kampnagel, k6, 20 Uhr, bis 22. September

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