■ Alle gegen die CDU: Ein überfälliger Schritt
Das war überfällig. Die gestern vorgestellte parteienübergreifende Initiative von jungen PDSlern, Grünen und Sozialdemokraten war zwar keine realpolitische Kampfansage an Eberhard Diepgen (und auch keine gegen die großen Kollaborateure der SPD) – aber sie war doch ein (unmiß)verständliches Murren. Daß die Große Koalition die Wahl verloren hat, ist schließlich nicht das Hirngespinst obskurer „Magdeburger“, sondern das Resultat eines Denkzettels durch die Nichtwähler und die, die ihre Stimme abgegeben haben. Und auch hier gilt: Wenn ein Denkzettel dem Diepgen-Stahmer-Bündnis nicht reicht, bedarf es eben eines weiteren.
Der Zeitpunkt des Vorstoßes ist jedenfalls gut gewählt. Allein der Umstand, daß in den bezirklichen Kungelrunden derzeit jeder jedem die Hand schüttelt, ohne sie hinterher zwanghaft zu desinfizieren, macht deutlich, daß das CDU-Schreckgespenst einer Volksfront nicht einmal mehr die Politiker in Deckung gehen läßt. Und warum sollte der großen Politik nicht recht sein, was den Bezirksfürsten billig ist: nach Mehrheiten zu suchen, die die Landespolitik wieder in Bewegung bringen. Eine dieser Alternativen wäre denkbar gewesen, wenn der von der PDS vorgeschlagene ehemalige Leiter der BRD-Vertretung in Ostberlin, Günter Gaus, als unbestechlicher Ost-West-Kandidat für ein Anti-Diepgen-Bündnis zu Verfügung gestanden und die Mehrheits-SPD damit in arge Erklärungsnot gebracht hätte. Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, einen grünen Kandidaten gegen Diepgen aufzustellen und den von der CDU unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) die Identitätsfrage zu stellen. Auch wenn es solchen Gedankenspielereien an politischer Relevanz noch fehlt, das rosarotgrüne Bündnis gegen Diepgen, dem mit Jeanette Martins (Bündnis) und Benjamin Hoff (PDS) auch zwei junge Abgeordnete angehören, zeigt, daß nicht wenige den Status quo als das Ende des Denkens nicht nur beklagen, sondern ihn auch beginnen, in Frage zu stellen. Uwe Rada
Siehe Bericht Seite 26
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