piwik no script img

Alkoholfreies im TestBier für schwangere Männer

Es gibt viele Gründe für alkoholfreies Bier: die Gesundheit, das Auto, der Sport. Oder die schwangere Frau. Pünktlich zur Hopfenernte ist unser Autor solidarisch auf Entzug

Solidarisch bleiben: Unser Autor testet die besten alkoholfreien Biere. Bild: dpa

Mario Schäfer ist der zweite Braumeister bei der bayerischen Staatsbrauerei Weihenstephan. Er weiß von denen, die Bier trinken wollen, aber noch Auto fahren müssen. Von denen, die aus gesundheitlichen Gründen auf Alkohol verzichten müssen, aber gerne Bier trinken. Und er weiß von denen, die Ausdauersport machen und nach dem Marathon kein Bier trinken möchten. Es sei denn, es ist alkoholfrei. Das sind die Zielgruppen, die der Bierprofi Mario Schäfer kennt.

Und dann gibts aber noch uns Männer, die aus Solidarität mit ihren schwangeren Frauen Alkoholfreies trinken! "Gut", sagt Mario Schäfer. Pause. "Zum Beispiel." Und sein "zum Beispiel" klingt jetzt nicht so, als hätte er von dieser Zielgruppe schon mal gehört. Geschweige denn über einen neuen Werbeslogan nachgedacht: "Weihenstephaner alkoholfrei. Das Bier für den schwangeren Mann".

Es gibt einen Trend weg vom Gerstensaft: Im vergangenen Jahr ist der Bierabsatz in Deutschland um 2,8 Prozent auf 100 Millionen Hektoliter gesunken. Und: Es gibt einen Trend hin zum Alkoholfreien. 2009 ist der Absatz von alkoholfreiem Bier in Deutschland auf 2,63 Millionen Hektoliter gestiegen, ein Plus von 11 Prozent. Ein Viertel des Bierausstoßes der größten Weißbierbrauerei der Welt, der Erdinger Brauerei, ist alkoholfrei. Dabei hat die Bierbranche ihre neue Zielgruppe noch gar nicht entdeckt!

taz

Diesen Text und viele mehr lesen Sie in der aktellen sonntaz vom 4./5. September – ab Samstag zusammen mit der taz am Kiosk oder in Ihrem Briefkasten.

Diese Zielgruppe beruhigt ihr Gewissen, indem sie mit der schwangeren Frau solidarisch auf Alkohol verzichtet - und auf "weibliches" Bier umsteigt. Und das, obwohl es noch gar nicht lange wertneutral Alkoholfreies heißt, sondern als "Bleifreies" verschmäht wurde. Zu Zeiten, als der Mann noch mit dem Bleifuß Auto fuhr. Gas geben vertrug sich zu dieser Zeit auch ganz gern mal mit "Gas haben", also mit: betrunken sein.

Gleichzeitig will die neue Zielgruppe der schwangeren Männer den Biergeschmack nicht missen, fordert also größtmögliche Geschmacksnähe zum Original. Eine schwierige Aufgabe. "Es fehlt ganz einfach der Geschmacksträger", sagt Braumeister Mario Schäfer. Genauer: Es fehlt der Alkohol. Oder wie es Marc-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund sagt: "Mit dem Alkohol verhält es sich wie mit Butter - deshalb schmeckt Alkoholfreies immer anders als das Original."

Das wurde vom Autor während der gemeinsamen Schwangerschaft ausführlich getestet: Verkostet wurden um die 40 alkoholfreie Biersorten. Weizen wie Pils. Der Test läuft jetzt in der 36. Woche. Geht also noch gute vier Wochen - plus Stillphase. Die Testfrage: Bei welchem ist das Biergefühl am besten?

Die erste Erkenntnis ist ganz einfach: Alkoholfreiem fehlt im übertragenen Sinne tatsächlich die Butter. Die Brauereien begegnen diesem Problem ganz unterschiedlich - und haben folgerichtig auch verschiedene Marketingstrategien entwickelt. Die Staatsbrauerei Weihenstephan (240.000 Hektoliter Gesamtausstoß 2009, 6 Prozent alkoholfrei) wendet die sogenannte Fallstromverdampfung an, bei der der Alkohol nach vollzogener Gärung wieder entzogen wird. "Wir wollen das alkoholfreie Weizenbier so nah wie möglich am Hauptprodukt platzieren", sagt der Braumeister Schäfer.

Die Erdinger Brauerei (1,58 Millionen Hektoliter Gesamtausstoß 2009, 25 Prozent alkoholfrei) arbeitet mit einem anderen Verfahren - der "gestoppten Gärung". Das "Erdinger alkoholfrei", seit 1992 am Markt, ist eigentlich gar kein echtes Bier - sondern ein Sportgetränk mit leichtem Biergeschmack. Das betont auch die Werbung. Es ist also weit weg platziert vom normalen Erdinger. "Isotonisch" steht auf dem Etikett, wie beim "Iso-Star", diesem höllisch süßen Pionier der Iso-Getränke, das irgendwann von Gatorade abgelöst wurde.

Die zweite Erkenntnis: Vor allem die alkoholfreien Weizenbiere sind süßer als ihr Original. Gerade das Erdinger ohne Alkohol schmeckt stark malzig, nach Waldhonig. Der Genuss ist daher nur bei einer Trinktemperatur nahe dem Gefrierpunkt zu empfehlen. Ähnlich viel Malz im Geschmack haben nur noch Biobiere. Das Lammsbräu Weizen alkoholfrei zum Beispiel, wo sich die Malzigkeit (geradezu ein Fass von Waldhonig!) auch an der dunklen Farbe erkennen lässt. Oder das Stralsunder Bioprodukt Störtebeker Bernstein-Weizen alkoholfrei: Das ist zwar hell, fast kristallin in der Farbgebung, aber die Süße dominiert auch hier sehr stark - geradezu bananig - über den dezenten Zitrusgeschmack.

Die dritte Erkenntnis des Biertests: Alkoholfreie Pilsbiere sind geschmacklich weiter weg vom Original als die naturtrüben alkoholfreien Hefeweizenbiere. Und insofern für die Zielgruppe "Biertrinker mit schwangeren Frauen mit Bedürfnis nach (alkoholfreiem) Biergeschmack" uninteressanter. Hier kommt man geschmacklich eher über Relationen weiter: zum Beispiel beim Klassikervergleich Jever alkoholfrei versus Becks alkoholfrei. Da ist - genau wie im richtigen Bierleben - das Jever herber und würziger als das Becks. An die Originale kommen allerdings beide nicht heran. Das schafft bei den Pilsbieren am ehesten das Clausthaler. Clausthaler ist seit 1979 für das Segment alkoholfreies Bier so stilbildend wie das Tempo für die Taschentücher. Erwähnenswert ist darüber hinaus das Bitburger, das wirklich nach Bier schmeckt - aber als eines der wenigen Biere tatsächlich auf null Prozent Alkohol kommt.

Und das ist dann auch die vierte und letzte Erkenntnis: In den allermeisten alkoholfreien Biersorten ist noch ein Restalkohol von unter 0,5 Prozent enthalten. Das ist aber für schwangere Väter nicht wirklich gefährlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • J
    jeveraner

    Jever is wieso das beste Bier vonne Welt.

  • S
    Stefan

    Gab es da nicht einen Unterschied zwischen Alkoholfrei gebrautem und entalkooholisiertem Bier? Und war das nicht ein interessanter Unterschied, gerade im Bezug auf die Mittelchen die verwendet werden, um den Alkohol wieder aus dem Bier zu bekommen?

     

    PS: Als Captcha hätte ich bei diesem Artikel eher "Bier" erwartet und nicht "Brot" ;)

  • T
    Torsten

    Als passionierter Biertrinker finde ich den Artikel interessant und hilfreich. Wenn man noch fahren muss, sind alkoholfreie Biere für mich tatsächlich eine Alternative zur Cola oder zum Wasser. Ich selbst hab mich bisher nicht an alkoholfreie Weizen herangetraut und werde es nach diesem Artikel wohl auch so bald nicht tun.

    Falls jemand in der Diskussion auf die Idee kommt, bei der Nennen von Markennamen handele es sich um versteckte Werbung: Dem ist nicht so. Die Diskussion um alkoholfreie Biere ist eigentlich eher die Suche nach dem kleinsten Übel. Bei wären mir das abweichend vom Artikel übrigens Becks und Jever alkoholfei...

  • R
    ralf

    toller artikel

  • S
    Sabine

    Da zeigt sich mal wieder, wie sehr Geschmack Geschmackssache ist. Nach zwei Schwangerschaften mit zugehöriger Stillzeit (beide Male über die Sommermonate, wo Bierverzicht am schwierigsten ist) war mein Ergebnis: das leckerste (und in meinem Supermarkt ständig ausverkaufte) ist Jever alkoholfrei, Clausthaler und Bitburger alkoholfrei fand ich ziemlich schrecklich.

    Aber wer weiß, vielleicht verzerren Schwangerschafts- und Stillhormone ja den Geschmack :-)?

  • P
    pilm

    langweiliger Artikel... hört sich an wie ..Brigitte..FHM...Fussball..oder sonstewas...

    Fakten über Bier, ok.. aber den langweiligsten Test der Welt auch noch öffentlich zu machen, naja... Warum ist der Artikel nicht unter der Rubrik Leibesübungen?

  • L
    lounger

    Hm ... der Kollege sollte dringend mal Lammsbräu alkoholfreie Bioweisse probieren - mit Abstand das beste was es gibt.

     

    Beim Pils finde könnte ich Clausthaler extraherb ja akzeptieren, das normale aber nie! Mein Tip: Einbecker.

     

    Für alle Reisefreudigen ein heisser Tip: Tschechien hat nicht nur das beste mit, sondern seit der 0-Promillegrenze das beste ohne Bier der Welt! Da kann Bionade einpacken.

  • J
    jonathan

    Kenne viele alkoholfreie Biere und als Ersatz darf man das nicht trinken. Die Geschmacksentfaltung im Mund gibt es Aufgrund des fehlenden Alkohols einfach nicht.

    Am ehesten nach Weizen schmeckt allerdings das Franziskaner alkoholfrei.

    Erdinger ist wirklich süß und am besten so einschenken das es nicht schäumt.

    Der Schaum schmeckt nämlich richtig komisch/bitter.

  • I
    Ihr

    25 % Prozent Alkoholfrei ?

    Alkoholfrei bedeutet das vieleicht 0,0 % Alkohol in der vollen Bierflasche ?

    Zum glück gibts davon sehr wenig .

    Ohne Alkohol Würde etwas zusammen brechen ,etwas wichtiges von elementarer Bedeutung ,die Existens des Nervenzellen Friedhof-Gärtners,in den Gehirnen der Konsumenten .

    Und ohne Nerven is immer mehr los ,so , ramba zamba .

  • CM
    Christoph Maaß

    So subjektiv sind Biertests! Ausgerechnet des Testers No-Go ist mein Liebling: Erdinger alkoholfrei. Sicher, dem Bier fehlt etwas. Aber deutlich weniger als den Konkurrenten. Nach dem Sport gibt es nichts besseres, auch nicht mit Alkohol) Eine überraschende Einigkeit erzielte eine spontane Testrunde neulich bei den alkoholfreien Testbieren: Jever, gefolgt von Becks. No Gos: Warsteiner und Bitburger (mit Alk der Runde Liebling!). Einmütigkeit bestand auch in der geschmacklichen Beschreibung von Clausthaler: Irgendwie wie Schwarzbrot.....

  • U
    Uvo

    Dass Clausthaler empfohlen wird, krempelt mir die Zehnägel hoch. Als Frankfurter hat man wenige Orte an denen etwas anderes angeboten wird. Wenn es nach Bier schmecken soll ist Licher alkfrei recht empfehlenswert, allerdings bekommt man es außerhalb Hessens wahrscheinlich nicht so einfach.

    Wer es süßer mag, ist mit Löwenbräu bestens bedient.

    Als langjähriger aökfrei-Trinker empfehle ich allerdings, die Getränke nicht als Bier zu betrachten, sondern als Erfrischungsgetränke wie es sie sonst nicht gibt: Zucker- und Süßstofffrei und trotzdem mit Geschmack.

  • T
    trinker

    das beste alk freie bier hat der gute autor nicht getestet: jever fun.

     

    besonders professionell wird die recherche wenn er jever mit und becks ohne alkohol vergleicht. kratz am kopf...

     

    naja ist ja nicht das wichtigste thema.

  • FD
    Frevel der Mauswanderer

    Ein reichlich überflüssiger Text. Nur wenig unterhaltsam, und von den vielen getesteten Biersorten werden nur eine Handvoll erwähnt. Schade, hatte mir mehr Anregungen und Tipps erhofft.

  • R
    reblek

    "Und dann gibts aber noch uns Männer, die aus Solidarität mit ihren schwangeren Frauen Alkoholfreies trinken!" - Wie viele "schwangere Frauen" hat denn so ein Mann im Durchschnitt? Die Männer verzichten aus Solidarität mit ihrer schwangeren Frau auf Alkohol. Der Plural steckt nämlich schon in "Männer".

     

    "Clausthaler" ist nur genießbar, wenn es sehr kalt ist.

  • P
    Picho

    Nach einem sehr ernsthaften Gespräch mit meinem Internisten bin ich problemlos auf Krombacher alkoholfrei umgestiegen; das Zeug schmeckt auch wie Bier, wenn es nicht gerade aus dem Kühlfach kommt und hat auch nicht diesen widerlich-süßlichen Nachgeschmack.

  • B
    Bundeskater

    Schneider Weiße alkoholfrei ist wirklich spitzenklasse... Geenerell finde ich alkoholfreie Weißbiere besser als alkoholfreie Pilse...