Alexander Alexejew, Cruisergewichtsboxer : Russische Wertarbeit
Wenige Minuten nach seinem K.o.-Sieg in der dritten Runde analysiert Alexander Alexejew den Kampf bereits so geschliffen, wie er ihn kurz vorher bestritten hat: „Er hat meine Linke erwartet, also musste ich sie maskieren“. Was ihm so gut gelang, dass sein erfahrener Gegner Rob Calloway die entscheidende Links-Rechts-Kombination erst am Boden liegend registrierte.
Es ging zwar noch nicht um die Weltmeisterschaft, aber das größte Talent im Hamburger Universum-Boxstall scharrt gewaltig mit den Hufen. „Jetzt hole ich mir einen WM-Gürtel und dann alle vier“, sagt er so bestimmt, als würde er die sowjetische Planwirtschaft neu erfinden. Der 27-jährige Russe ist das Gegenmodell zum Underdog, der sich aus dem Staub der Straße nach oben boxt. Er hat aus Russland Abschlüsse in Rechtswissenschaft und Management mitgebracht, bei Universum seinen Vertrag persönlich ausgehandelt und Deutsch spricht er nach zwei Jahren in Hamburg bereits fließend. Da verwundert es nicht, was er als seine stärkste Waffe ansieht: „Meinen Kopf“.
Das sehen seine bisherigen Gegner vermutlich anders, zu schmerzhaft haben sie Bekanntschaft mit seiner „gottgegebenen Linken“ (Universum-Sprecher Christof Hawerkamp) gemacht. Und selbst im Sparring geht der verheiratete Vater eines Sohnes so zur Sache, dass sein Boxstall zwischenzeitlich Probleme hatte, neue Trainingspartner für ihn zu finden. „Jeder Treffer ist wichtig, ich muss immer den richtigen Moment finden und dann auch nutzen“, sagt Alexejew. Da schimmert die russische Boxschule durch, die er vor jedem Kampf mit seinem alten Amateurtrainer Victor Lantsov auffrischt. „Ich darf die alte Schule nicht vergessen“, sagt er und heller leuchten seine Augen nur, wenn er von seinem alten Auto spricht: dem in seiner Heimatstadt gebauten Lada Samara. RALF LORENZEN
Fotohinweis:ALEXANDER ALEXEJEW, 27, studierte Jura und ist Interkontinentaler Meister der WBO im Cruisergewicht. FOTO: DPA