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Aktuelle Lage in der AtomweltDrei US-Reaktoren notabgeschaltet

Die Situation in den Reaktoren bei Fukushima bessert sich. In den USA muss ein AKW nach den Tornados heruntergefahren werden und Indien stoppt vier Reaktorgenehmigungen.

Nach den verheerenden Tornados war die externe Stromversorgung zum AKW Browns Ferry unterbrochen. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Aufstellung international gültiger Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke soll höchste Priorität bekommen, sagte am Donnerstag in Paris Yukija Amano, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO, bei einem Treffen mit Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy.

Die Europäische Union hat bereits einen Entwurf zusammengestellt. Darin werden unter anderem neue Vorkehrungen gefordert, dass Brennstäbe nach einem Ausfall der Reaktorkühlung nicht mehr schmelzen dürfen. Das Thema AKW-Sicherheit soll auch oben auf der Liste bei einem G8-Gipfel im Mai sowie einer IAEO-Versammlung im Juni stehen. Frankreich hat gegenwärtig den Vorsitz der Ländergruppen G8 und G20 inne.

Die US-Atomsicherheitskommission NRC bestätigte am Donnerstag in Washington bei einem Treffen, dass sich die Situation rund um die Reaktoren bei Fukushima "definitiv verbessert" habe. Am 12. Mai will die Nuclear Regulatory Commission eine Analyse zu den Reaktoren in Fukushima-Daiichi veröffentlichen.

Drei US-Reaktoren schnellabgeschaltet

Bei dem Treffen der NRC wurde auch die Sicherheit der US-Reaktoren nach einem Stromausfall diskutiert: Wegen der Tornados im Süden der USA mussten die drei Reaktoren in Browns Ferry bei Athens, Alabama, schnellabgeschaltet werden. Ihre externe Stromversorgung war zusammen gebrochen. Einige NRC-Mitglieder forderten eine bessere Vorbereitung für Notfälle. Es handelt sich um Reaktoren vom Fukushima-Typ mit einer Leistung von jeweils mehr als 1.100 Megawatt. Der Betreiber Tennessee Valley Authority betonte, dass "alle Sicherheitssysteme gut gearbeitet" hätten.

Fukushima-Betreiber Tepco berechnete die Menge des zu entsorgenden, hoch radioaktiv verseuchten Wassers bis Jahresende auf 200.000 Tonnen. Bisher hätten sich 87.500 Tonnen angesammelt. Mit einer Filteranlage soll das Wasser ab Juni entsorgt werden. Die Anlage arbeite täglich 1.200 Tonnen Wasser auf, so Tepco. Die Strahlenwerte auf dem Reaktorgelände sind wenig verändert, allerdings mit generell leicht fallender Tendenz.

In den Reaktorgebäuden können nur Roboter eingesetzt werden. Vor allem an der Südseite des Hauptgebäudes herscht auch außerhalb der Reaktoren eine hohe Strahlung von über 400 Mikrosievert pro Stunde, das ist mehr als das 3.000-fache des außerhalb von Notsituationen geltenden Grenzwertes.

Japanische Regisseurin kritisiert Landsleute

Die japanische Regisseurin Hitomi Kamanaka gibt ihren Landsleuten eine Mitverantwortung für die Atomkatastrophe von Fukushima. "Die Katastrophe passierte, weil die japanische Bevölkerung akzeptierte, was Regierung und Konzerne ihnen erzählten", sagte die 53-Jährige am Donnerstagabend in Frankfurt beim Filmfestival "Nippon Connection".

Die Regisseurin stellte ihren Dokumentarfilm "Rokkasho Rhapsody" über den Protest gegen eine Wiederaufbereitungsanlage vor. "Die Regierung sagte, Atomkraft ist sicher. Und für die Bevölkerung war es am bequemsten, das zu glauben und nicht weiter drüber nachzudenken", kritisierte Kamanaka.

In Indien wurde unterdessen vom zentralen Umweltministerium der Bau von vier neuen Reaktoren in Kudankulam gestoppt. Der Standort liegt im südlichen, auch von Tsunamis betroffenen Bundesstaat Tamil Nadu. Dort an der Küste sind bereits zwei AKW in Bau, vier weitere sind geplant. Das Ministerium fordert vor einer Genehmigung eine Neueinschätzung der Notfallmaßnahmen, meldet die japanische Fernsehanstalt NHK. Die Genehmigung sei schon am 5. April versagt worden. Am Dienstag gab Indien die Gründung einer eigenen Behörde für Nuklearsicherheit bekannt.

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7 Kommentare

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  • RS
    Roland Schweiger

    @Claudia Zeitler: Du hast eben all die Gründe genannt weshalb eine emotionale Diskussion (sachlich) unsinnig, irreführend ist. Beispiel1 Es gibt keine "radioaktive Strahlung" denn das wäre ja 'doppelt gemoppelt' - es gibt nur radioaktive Stoffe (instabile Moleküle/Atome). Die Stoffe geben beim Zerfall Strahlung ab, also 'ionisierende Strahlung' (Strahlund die die Fähigkeit hat ein Elektron aus einem Atom herauszuschlagen) ist sachlich korrekter und weniger irreführend. Denn nicht die Strahlung ist primär gefährlich sondern das entsprechende zerfallende Isotop. Beispiel2: Feuer kann man sehen. Blanker Unsinn, denn wieviele Leute sterben jährlich im/an Feuer? Es wird also nur etwas verteufelt was offenbar von vielen Menschen nicht einmal im Ansatz verstanden wird, und da wäre Information eben besser als Angstmacherei. Beispiel3: Vergiftung. Beim Salz der Blausäure (Zyankali) reichen beim Menschen nur wenige Miligramm für eine tödliche Dosis, das Gift kann ich auch nicht sehen und meistens nicht riechen und nicht schmecken ...

  • KG
    kein Grüner

    Lieber Roland Schweiger,

    niemand tut so, als wären ALLE Deutschen für den Ausstieg. Aber nach relativ gesicherten Erkenntnissen ist es doch die große Mehrheit. Sie benutzen Ihre Behauptung aber als Argument dafür, die Legitimität der Gegenseite in Zweifel zu ziehen. Ist das etwa sachlich? Ich finde nicht. Warum reden Sie so viel von Aufklärung, wenn Ihr Beitrag kaum etwas zum sachlichen Umgang mit dem Thema beiträgt? Sie scheinen sich ja bestens auszukennen. Daher: Präsentieren Sie uns bitte Zahlen über die reale Auslastung von Atomkraftwerken (anders als Sie schreiben, sind die auch längere Zeit mal abgeschaltet, weil sie gewartet werden) und vergleichen Sie diese ohne zu tricksen mit Windkraftanlagen (die durchaus vielfach eine Leistung von mehr als 1 MW liefern). Solange Sie das nicht tun, kann ich Ihnen leider nicht glauben.

  • CZ
    Claudia Zeitler

    @ Roland Schweiger:Die Stimmungsmache gegen Atomkraft läuft eigentlich schon sehr sehr viel länger, schon vor Fukushima, sogar schon vor Tschernobyl. Und was ist daran soo falsch? Wenn Atomkraft so ungefährlich und so sicher wäre, warum muss man dann einen derartigen Schutzaufwand betreiben?? Warum will kein Versicherer das Risiko übernehmen??

    Richtig ist, dass ich mit einer kleinen Menge Material sehr viel Energie erzeugen kann, aber zu welchem Preis?? Würden die Kosten für die Endlagerung mit eingerechnet, wäre Atomstrom unbezahlbar!! Solange also jedes Pro immer mit einem "aber" verbunden ist, kann das Ergebnis immer nur gegen Atomkraft sein.

    Dass ein Großteil dieser Diskussion emotional geführt wird, ist mehr als verständlich: Feuer, Wasser usw. kann ich sehen und ich ich kann davor fliehen, aber radioaktive Strahlung kann ich nicht sehen, nicht hören (außer mit Geigerzähler), nicht riechen, nicht schmecken, nicht fühlen...wann bin ich also in Gefahr und muss "weglaufen"?? Und genau diese Angst vor Krankheit und/oder Tod hat wohl jetzt ein Potential erreicht, dass eine intensive Diskussion mit allen Beteiligten erfordert.

    Es heißt, sowas wie Fukushima kommt nur alle 100.000 Jahre vor...hmm, ganz ehrlich, dann bin ich jetzt mindestens 300.000 Jahre alt, wenn ich nur Three Miles Iland, Tschernobyl und Fukushima nehme

  • F
    Frank

    Ich möchte Sie bitten sich darüber zu informieren, was der Begriff "Triage" im Katastrophenschutz bedeutet. ( http://de.wikipedia.org/wiki/Triage )

    Und bitte bedenken Sie, dass es sich hier um die Vorbereitung auf einen bis ins Detail BEKANNTEN Katastrophenverlauf handelt. Die "Verantwortlichen" WISSEN, dass auch der "GAU" eintreten kann und bereiten sich auch auf dieses "Restrisiko? vor! Die regelmäßigen "kleinen" Unfälle sind als notwendiges Resultat des Energieherstellungsprozesses ohnehin nicht als skrupelloser Dauerversuch in der öffentlichen Wahrnehmung! Wissenschaft, Politik und die Betreiber wissen, dass die Atomanlagen durch den Prozess der Kernspaltung selbst in ihrer Struktur zerstört werden, und verkaufen die Konsequenz der Notwendigkeit von Reservesystemen (sogenannte redundante Systeme, z.B. 3 Pumpen anstelle einer Pumpe) und Notfallprozeduren als Sicherheitsmerkmal!

    Politik, Wissenschaft und Betreiber wissen, das bereits der Normalbetrieb, notwendigerweise, Strahlung sowohl in die Umgebung freisetzt (die Fachwelt spricht hier von "kontrollierter" Freisetzung, durch Abschirmung nach Außen in geringerer Dosierung). Die freiwerdende Strahlung ist notwendiger Bestandteil des Energieerzeugungsprozesses durch Kernspaltung! Und, !deshalb! auch als gesetzlich erlaubte Strahlenbelastung, als Grenzwert juristisch definiert, zulässig.

    Das Wissen um die wenigstens Jahrhunderte lange Strahlenbelastung durch die genutzten Brennstäbe und die Atomanlagen selbst, und das gleichzeitige Wissen um das Fehlen einer "Endlagerstätte" wird als Beweis der Fürsorge verkauft! Ganz gründlich werden schon wieder "Gutachten" für mögliche Endlager erstellt, denen bereits nach ca. 50 Jahren das Wasser bis zum Hals steht (siehe Asse, Gorleben)! Dieselben Herren lassen und produzieren munter weiter radioaktiven Sondermüll und benutzen dessen "Existenz" um die Kritiker der Atomkraft als realitätsfremd zu diffamieren. Die Zwischenlager, die juristische Konstruktion um die Kraftwerke ohne Endlager betreiben zu können, sind voll! Dreist wird die Öffentlichkeit mit den Folgen der politischen Entscheidung konfrontiert (denken Sie einmal zurück an den bis heute üblichen Umgang mit den Gegnern der Atomkraft) und als Waffe in der Fortsetzung der Bekämpfung von Kritikern genutzt!

    Um bildlich zu werden; Erst scheißt man Ihnen in den Vorgarten, weißt jede Kritik am Gestank und der Trinkwasserqualität zurück, um sich dann, anschließend, auf die Kloake zu berufen die "nun mal da sei", und beschließt den Bau einer Jauchegrube! Aber dieser Vergleich ist eine Verharmlosung.

    Prinzipiell ist der Betrieb von Atomkraftwerken der Versuch im Vorgarten eine Atombombe so langsam explodieren zu lassen, dass man damit Wasser kochen kann! Wenn dieses Experiment nicht gelingt, wie in Tschernobyl oder Fukushima ? . . . ... . . . ...

    (Alpha-,Beta, Gammastrahlung-- : http://www.biu-hannover.de/atom/unsicher/teil2.htm#14 )

    Ein paar Sätze noch zur Öffentlichkeitsarbeit von Politik und Wirtschaft.

    Sie als Laie wissen i.d.R. gar nichts über Kernspaltung. Diese Tatsache wird, bewusst! benutzt. Bitte rufen Sie sich die methodische Freisetzung der Argumente "ähnlich einer Röntgenuntersuchung", "leicht oberhalb der Grenzwerte", "die Helden von Japan", "teilweise unter Kontrolle", "teilweise Mängel bei der Wartung" usw. ins Gedächtnis zurück. Immer geht es darum, die sichtbaren Schäden zu verharmlosen, die Reaktion der Opfer auf eine Akzeptanz der Schäden festzulegen und/oder die exklusive Zuständigkeit und Kompetenz der Verursacher der Schädigung zu untermauern. Das Eingeständnis von Mängeln z.B. unterstreicht die Zuständigkeit und Kompetenz der Verursacher und stellt gleichzeitig klar, dass im Fall der Beseitigung der "Mängel" alles in bester Ordnung ist.

    Da sind politische und wirtschaftliche Medienprofis am Werk. Auf diese Art und Weise werden die Inhalte und der Verlauf der öffentlichen Diskussion -gesteuert- und im Bedarfsfall durch Redakteure, Dozenten oder auch durch Polizei sortiert und sanktioniert!

    Fragen Sie Ihren Hausarzt nach den Auswirkungen der Aufnahme von radioaktiven Lebensmitteln. Fragen Sie, wie lange diese Strahlung im Körper und am Unfallort auf Mensch und Umwelt wirkend, verbleibt. Lassen Sie sich nicht mit "Halbwertzeiten" oder "Strahlungsschäden" abspeisen! Verlangen Sie eine Auskunft in Dimensionen und in einer Sprache die -Sie- verstehen! (Wie viele Jahre strahlt z.B. Tschernobyl, Atommüll in Jahren, usw.)

    Fragen Sie beim Umweltministerium nach den aktuellen MESSWERTEN aus Fukushima! Wenn man Ihnen sagt, man wisse auch nicht, verlangen Sie Recherchen und bestehen Sie auf Information !

    Informieren Sie sich über die Langzeitschäden z.B. von Tschernobyl, Krebs-, Leukämie-, Fehlbildungshäufigkeit in der Umgebung von AKWs usw. usw.

    Abschließend ist eine Überprüfung Ihres Vertrauens in Politik und Wissenschaft erforderlich, und ich hoffe im Resultat auf eine Neubewertung Ihrer Einstellung zur Atomkraft und der öffentlichen Debatte zu diesem Thema. Nicht zuletzt bitte ich Sie, die öffentliche Besprechung und Darstellung von Atomkraftgegnern in den Medien und deren Bekämpfung durch die staatlichen Institutionen zu beobachten und zu überdenken!

    Entziehen Sie der Politik und den "wissenschaftlichen" Parteigängern das Vertrauen und die Mittel !.

     

    War das sachlich genug?

  • V
    vic

    Ach was, die haben das nur nicht so gut umgesetzt wie wir Deutschen.

    Unsere Atomkraftwerke sind sicher (ebenso unsicher wie alle anderen)

  • V
    vic

    "alle Sicherheitssysteme hätten gut gearbeitet"

     

    Schön zu hören, das ist ja nicht immer so.

  • RS
    Roland Schweiger

    Ich finde solche Artikel ziemlich einseitig und hier wird wirklich mit der "Holzhammermethode" noch mehr Stimmung gegen Kernenergie gemacht. Wenn man sich auf der ganzen Welt umsieht, überall etwas herausgreift was gerade ins Bild passt, so wird es natürlich so aussehen als sei Kernenergie absolut gefährlich und unsicher. Ähnlich: bei 80 Mio Einwohnern in Deutschland kann man täglich eine Sendung gestalten wo "Mord und Todschlag" vorkommt, wenn man eben eine Stimmung erzeugen will, dass das Land nur aus Mördern bestünde ...

     

    99,x% aller KKWs laufen ziemlich problemfrei, KKWs haben nun auch einmal den riesen Vorteil dass sie große Mengen Energie auf relativ kleinen Raum abgeben.

     

    Warum erwähnt zB niemand, dass eine durchschnittliche Turbine eines KKW rund 1.000 MW liefert (Tag und Nacht) während zB ein Windrad vielleicht gerade mal 1 MW liefert, und das nochdazu nur stundenweise und wetterabhängig.

     

    Ich finde es auch schlimm genug dass sich eine Ethikkommission mit der Zukunft der Energiepolitik befasst. Was haben etwa Vertreter von Kirchen mit Energie zu tun?

     

    Von den Medien, auch der taz, würde ich mir richtige Aufklärung wünschen, die etwas mehr ins Detail geht. Pro und contra Kernenergie kann man nur sachlich diskutieren und nicht emotional.

     

    Man sollte auch nicht so tun als wären alle Deutschen für den Ausstieg aus der Kernenergie, weil dies einfach sachlich nicht stimmt.