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■ Aktuelle Anmerkungen zur Berliner SPD – vom 9. 11. 1995Instinktsicher in die große Koalition

Die Berliner SPD ist so erfolglos wie noch nie. Diesen Umstand teilt sie mit der Bundespartei. Sie muss zudem eine Richtungsentscheidung fällen, das steht der Bundespartei erst noch bevor. Keine der beiden Alternativen, zwischen denen die Berliner SPD schwankt, sichert ihr den Erfolg. Das ist die Quintessenz einer langen Parteitagsdebatte über die Unmöglichkeit der beiden Strategien. Als Westberliner Volkspartei schöpfte die SPD ihre Macht aus ihrer Identität, die mit dem Gemeinwesen zum Teil filzartig verwoben war. Nun ist sie keine Volkspartei mehr und muss entscheiden: Will sie Macht oder Identität?

Bleibt sie in der großen Koalition, so menetekelt nicht nur die Linke das Schicksal einer Mehrheitsbeschafferin à la FDP. Geht sie in die Opposition, so die Replik der Parteispitze, fehle ihr die Möglichkeit des Gestaltens. Kein Feld wurde benannt, auf dem im Westen die Grünen und im Osten die PDS nicht profilierter wären. Beide repräsentieren Minderheitenlager, die die Opposition um den Preis der Homogenität in Kauf nehmen. Für die SPD hingegen ist Opposition ein Wartestand, der die sie tragenden divergierenden Kräfte nicht homogenisiert, sondern eher Differenzen zum Tragen bringt. Es drohte kein Ende der Streitkultur, sondern eine Kultivierung des Streits. Das dürfte die Mehrheit des Parteitages geahnt haben – weshalb ihr eine Regierungsbeteiligung denn doch attraktiver erscheint. Dieter Rulff

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