Aktivisten ehren illegale Flüchtlingshilfe: Schicker als ein Bundesverdienstkreuz
Das Peng-Kollektiv verlieh im Namen der EU-Kommission das erste „Europäische Verdienstkreuz“. Die Auszeichnung soll FluchthelferInnen ehren.
Ein Bild Jean-Claude Junckers, des Präsidenten der Europäischen Kommission, schmückt das Rednerpult der Veranstaltung auf dem Pariser Platz. Stets daran erinnernd, dass die Verleihung des ersten europäischen Verdienstkreuzes auch im Interesse der Europäischen Union und ihrer PolitikerInnen stattfindet, die laut Peng Kollektiv „dringend ein aufpoliertes Image in Sachen Asylpolitik brauchen.“
Das Kollektiv hatte Ende Juli dazu aufgerufen, auf der Rückreise aus den Ferien freie Plätze im eigenen Auto zu nutzen, um Flüchtlingen die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Im Bewusstsein, dass es sich hier um „einen Akt des zivilen Ungehorsams“ handelt, richtete das Kollektiv gleichzeitig einen Rechtsfond ein, um HelferInnen, die strafrechtlich verfolgt werden, zu unterstützen. Nach einer Woche befinden sich durch freiwillige Spenden 14.000 Euro in dem Fond, der auch bereits von einer Helferin in Anspruch genommen wird.
Die Menschen, die an der Aktion „Ich bin Fluchthelfer.in“ teilnehmen, leisten laut Peng „einen nötigen und wichtigen Akt des zivilen Ungehorsam für ein besseres Europa“. Ebenso wie damals, als Menschen, die DDR-Flüchtlingen geholfen hatten, Bundesverdienstkreuze bekamen, soll daher auch an diesem Tag an die eigentlichen Werte der Europäischen Union erinnert werden, indem FlüchtlingshelferInnen mit einem Verdienstkreuz ausgezeichnet werden.
Eine Farce durch Dublin
Insgesamt wurden auf dem Pariser Platz acht Helfer und Helferinnen ausgezeichnet. Eine Frau war sogar von Griechenland angereist, um die Ehrung für ihr Engagement entgegenzunehmen. Ungefähr die Hälfte der Verdienstkreuze wurde anonym an VertreterInnen verliehen, da die jeweiligen Personen immer noch aktiv an der illegalen Fluchthilfe beteiligt sind und ihre Arbeit nicht in Gefahr bringen wollen.
Das Peng Kollektiv reagiert mit seiner Aktion auf eine europäische Asylpolitik, die laut Aussage der Aktivisten „eine Farce“ ist. Besonders die Dublin-Regelung, die besagt, dass bei der Einreise über sichere Drittstaaten kein Asyl gewährt werden muss, führt dazu, dass eine legale Einreise nach Deutschland für Flüchtlinge und Asylsuchende fast unmöglich ist.
Für das Peng Kollektiv ist dies der Anlass, selbst aktiv zu werden. Trotz der möglichen strafrechtlichen Konsequenzen der Aktion wollen die AktivistInnen so lange weiter Hilfe zur illegalen Einreise bieten, „bis Europa seine Grenzen öffnet und der Aufruf zum zivilen Ungehorsam damit überflüssig wird.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden