Aktivist zu Bundeskanzleramt-Protestaufruf: "Es ändert sich auch hier etwas"
In vielen Ländern gibt es seit Wochen heftige Proteste – wegen der Euro-Krise. Jetzt sind die Deutschen am Zug, sagt der spanische Demokratieaktivist Javier Sanchez-Arjona.
taz: Herr Sanchez-Arjona, gemeinsam mit arabischen, spanischen, portugiesichen und deutschen Aktivisten rufen Sie für Sonntag zu Protesten vor dem Bundeskanzleramt auf. Was soll das?
Javier Sanchez-Arjona: Wir wollen auch in Deutschland klar machen, dass der Euro-Pakt und die Reaktionen der europäischen Regierungen auf die Finanzkrise einiger Länder uns alle in Europa betreffen wird.
Wieso das?
JAVIER SANCHEZ-ARJONA
Die europäische Schuldenpolitik verfestigt die Prinzipien, dass nicht besteht, wer nicht wettbewerbsfähig ist. In dem Euro-Pakt werden Maßnahmen getroffen, die die Verschuldung der Länder auf Kosten des Sozialstaates bekämpfen sollen. Was heute Griechenland trifft, kann morgen jeden anderen treffen. Plus: Das setzt auch die Demokratie außer Kraft. Regierungen in starken Ländern wie Deutschland können den anderen die Regeln diktieren – etwa auf Kosten der griechischen Bevölkerung.
Die deutschen Steuerzahler sponsern die griechischen Sozialisten mit Megasummen und merken es gar nicht. Wieso sollte es in Deutschland jemanden stören, in einer machtvollen Position zu sein?
Das ist doch genau der Punkt: Auch in Deutschland gibt es das große Manko an bürgerlicher Kontrolle und Transparenz in der Politik, über das sich in Spanien derzeit die Menschen erregen, wenn sie effektive Anti-Korruptionsgesetze und ein neues Wahlrecht fordern. In Deutschland kann die Bundeskanzlerin über Nacht Milliardenbeträge alleine verteilen. Auf EU-Ebene hat das Parlament weniger zu sagen als eine Kommission, die wir nicht wählen.
Das heißt: Am Sonntag bauen sie vor dem Kanzleramt Zelte auf und bleiben wochenlang?
Nein.
Warum nicht?
Da müssen wir wohl realistisch bleiben. Natürlich ist die Situation in Deutschland nicht mit der in Spanien oder Griechenland zu vergleichen. Zumindest aber können wir sagen, dass nun zum ersten mal zahlreiche europäische Initiativen in Berlin zum Protest aufrufen – wie übrigens für Sonntag auch in vielen anderen europäischen Metropolen wie Brüssel, Rom, Bukarest, Kopenhagen oder Dublin Demonstrationen geplant sind. Bislang waren die Proteste sehr stark auf die nationale Ebene beschränkt. Das ändert sich nun langsam.
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