Aktien: Lürssen gewann 20 Millionen
Die SSW-Werft verkaufte 2004 an Lürssen 28 Aktien für 196.000 Euro. Nachdem Lürssen die Aktien für 20 Millonen abstieß, fordert die beleidigte SSW den Gewinn zurück.
Seit Beginn der Finanzkrise reden alle über große Verluste bei Aktienanlagen. Genau umgekehrt liegt der Fall in einem Streit zwischen zwei Bremer Werften, der gerade vor dem Bremer Handelsgericht ausgetragen wird: : Die SSW Schichau Seebeck Shipyard mit Sitz in Bremerhaven hatte 2004 der Bremer Lürssen Werft 28 Aktien des Germanischen Lloyd verkauft - für 196.000 Euro. Lürssen konnte die Papiere 2006 für 20 Millionen Euro verkaufen. Nun fordert die SSW die Millionengewinne zurück.
Im Jahr 2004 hatte die Lürssen-Werft einen großen Auftrag und vereinbarte mit der SSW-Werft, dass der Rumpf für eine Luxusyacht in Bremerhaven gefertigt werden sollte. Der Insolvenzverwalter war damals froh, dass "seine" Werft etwas zu tun bekam. In diesem Zusammenhang bekundete Lürssen sein Interesse an den 28 Aktien des Germanischen Lloyd, die in der Konkursmasse vorhanden waren.
Der Nominalwert der Aktie, die nicht an der Böse gehandelt wurde, betrug 6.250 Euro pro Stück. Während Lürssen bereit war, 4.000 Euro zu bezahlen, forderte der Insolvenzverwalter der SSW 7.000 Euro mit der Begründung, er könne einen niedrigeren Kaufpreis nicht gegenüber den Gläubigern rechtfertigen. Der Insolvenzverwalter setzt sich durch - und war froh, 196.000 Euro in die Kasse zu bekommen. Denn die SSW stand zudem unter Zeitdruck. "Sonst hätte man den Mitarbeitern kurz vor Weihnachten die Kündigung aussprechen müssen", so der Anwalt des Insolvenzverwalters.
Dass die 28 Aktien einen so hohen Gewinn für seinen neuen Besitzer abwerfen würden, ahnte zu diesem Zeitpunkt niemand. Als im Dezember 2006 der französische Konkurrent Bureau Veritas ein Übernahmeangebot an den Germanischen Lloyd unterbreitete, das durch ein Kaufangebot des ehemaligen Kaffeeindustriellen Günter Herz überboten wurde, schnellte der Aktienkurs hoch - auf 714.000 Euro pro Aktie. Lürssen war unverhofft Besitzer eines Aktienpaketes geworden, das er für 20 Millionen Euro abgeben konnte.
Dass diese Entwicklung zum Zeitpunkt des Geschäfts schon absehbar gewesen seien, bestreitet die beklagte Firma Lürssen vehement. 2004 hätte niemand diesen Preis gezahlt, so Lürssen-Anwalt Jost Kienzle.
Der Insolvenzverwalter der SSW legte in einer 57 Seiten umfassenden Klageschrift dar, dass der Kaufvertrag für das Aktienpaket einer rechtlichen Prüfung nicht standhalte. Es handele sich nämlich nicht um einen reinen Kaufvertrag, sondern in Teilen auch um Schenkungen. Die Bezahlung der Aktien seitens der Firma Lürssen sollte erst nach Fertigstellung der Yacht erfolgen.
Der Insolvenzverwalter hingegen unterstellt Lürssen dabei eine "verwerfliche Gesinnung." Denn Lürssen habe an dem Aktienpaket bei Vertragsschluss kein wirtschaftliches Interesse bekundet, sondern nur den Wunsch gehabt, Aktionär zu werden. Die Aktien im Wert von 196.000 Euro wurden im Vergleich zum Bauvertrag für die fast 17 Millionen Euro teure Yacht als "Nebensächlichkeit" abgetan.
Eine Entscheidung des Falles kündigte der Vorsitzende Richter Wolfgang Grotheer für den 13. November an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!